Zahlreiche neue Initiativen wollen das Teilen wieder als fixen Bestandteil des gesellschaftlichen Zusammenlebens etablieren - sowohl im beruflichen als auch im privaten Kontext.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 10 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Wien. Die Kraft der Gemeinschaft soll gestärkt werden. Was kann ich bieten, was meine Mitmenschen brauchen und umgekehrt. Die Möglichkeiten sind quasi unbegrenzt. Nicht nur im privaten Umfeld, sondern auch immer mehr in einem Arbeitskontext bekommt die sogenannte "Share Economy" neue Bedeutung. Gerade in wirtschaftlich angespannten Zeiten zeigt sich eine Verschiebung - weg vom Neukauf hin zu Gebrauchtkauf oder Leihen.
Der Harvard-Ökonom Martin Weitzman prägte den Begriff "Share Economy" und ging im Kern seiner Überlegungen davon aus, dass sich der Wohlstand aller erhöht, je mehr unter allen Marktteilnehmern geteilt wird. Dieses Konzept wurde in der jüngeren Vergangenheit vor allem für Geschäftsmodelle im Internet adaptiert, da Inhalte und Wissen verstärkt nicht mehr nur konsumiert, sondern mit Hilfe neuer Technologien weiterverbreitet werden. Somit entwickelten sich unter diesem Begriff zunehmend Unternehmen, deren Geschäftskonzept durch die gemeinsame zeitlich begrenzte Nutzung von Ressourcen, die nicht dauerhaft benötigt und genutzt werden, gekennzeichnet ist. Im deutschsprachigen Raum wird hier auch oft der Begriff Kokonsum - als Abkürzung von Kollaborativer Konsum - verwendet.
Von Airbnb bis Uber
Die bekanntesten Beispiele, die auch immer wieder unter Beschuss etablierter kommerzieller Anbieter und der gängigen Rechtslage stehen, sind die Taxi-App Uber und die Zimmervermittlung Airbnb.
Die Anbieter der App stellen eine Plattform gegen Gebühr zu Verfügung, auf der Private zu kommerziellen Anbietern werden - in diesen Fällen als Anbieter von Fahrdienstleistungen oder Vermieter von ungenutzten Räumen als Alternativen zu Hotels. Über Checkrobin werden private Nutzer zu Paketboten, die auf einer geplanten Fahrt von A nach B auch Sendungen mittransportieren und so einen Zusatzverdienst generieren können.
Bei den genannten Beispielen handelt es sich um kostenpflichtige Angebote. Einerseits bekommt der Anbieter eine Vermittlungsgebühr, andererseits erhalten die Anbieter von den Nutzern Geld. Da diese Transaktionen über die Plattform selbst abgewickelt werden, ist eine gewisse Sicherheit gewährleistet. Doch auch im nicht-kommerziellen Bereich gibt es immer mehr Angebote.
Mit Mitbewohnern teilen
Für große Aufmerksamkeit sorgte etwa das Schweizer Angebot "Pumpipumpe.ch". Der dahinterstehende Verein setzt sich für einen bewussten Umgang mit Konsumgütern und mehr soziale Interaktion in der Nachbarschaft ein. Das Leihen und Ausleihen von Dingen, die man nur selten braucht, soll gefördert werden. Zu diesem Zweck können Nutzer Aufkleber für ihren Postkasten bestellen - vom Rasenmäher über Internetzugang, Fondue-Set, Fahrrad und Schlauchboot kann je nach Angebot und Bedarf im eigenen Haus unter den Mietern geteilt und ausgeliehen werden. Alle Teilnehmer sehen so, welcher Mitbewohner welche Dinge benötigt oder anbietet. So werden nicht nur ungenutzte Produkte verfügbar gemacht, sondern auch die gemeinschaftliche Kommunikation gefördert. Die Handy-App "Why own it" bietet nahezu alle vorstellbaren Produkte für seine Nutzer an.
Ähnliche Angebote kommen beinahe täglich hinzu: Autos, Fahrräder und sogar Boote können ausgeliehen werden. Ebenso Ölgemälde gegen Gebühr geliehen werden. Oder auch Essen wird weiterverteilt, bevor es verdirbt. Und auf Plattformen wie "Rentarentner.ch" bieten sich Pensionisten für Garten- oder Büroarbeiten an.
Das Teilen, Leihen und Mieten ist längst kein Trend mehr. Es ist eine Lebenseinstellung und Lebensauffassung geworden. Es geht nicht mehr nur um Geldverdienen nebenbei oder um ökonomische Notwendigkeiten, sondern um einen verantwortungsvollen Umgang mit der Umwelt und mit Produkten in einer Wegwerfgesellschaft. Um ein Umdenken im Alltag für die Gemeinschaft.