Interview mit ÖVP-Generalsekretär Fritz Kaltenegger. | Einigung bei Wehrpflicht ohne Volksbefragung. | "Wiener Zeitung": Für wie wahrscheinlich erachten Sie Neuwahlen vor dem regulären Termin im Herbst 2013? | Fritz Kaltenegger: Ich halte sie für sehr unwahrscheinlich, ganz einfach, weil noch unglaublich viel für die Bundesregierung zu tun ist. Für Neuwahlüberlegungen bleibt da keine Zeit. Und dass auch tatsächlich etwas weitergeht, zeigt der jüngste Ministerratsbeschluss wo in zentralen Bereichen eine Einigung erzielt werden konnte.
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Neuwahlen, sollten sie trotzdem kommen, würden Sie völlig unvorbereitet treffen?
Neuwahlen fallen nicht einfach vom Himmel, für Wahlen gibt es einen Kalender, und die nächste Nationalratswahl steht eben erst 2013 an.
Nun ist es aber so, dass Gerüchte über Neuwahlen nicht nur in den Gehirnen von Journalisten herumspuken. Die Grundlage dafür bieten die Regierungsparteien, die etwa in der Frage der Wehrpflicht sehenden Auges auf eine offene Konfrontation, sprich Volksbefragung, steuern. Wer eine solche Eskalationsstrategie bewusst in Kauf nimmt, muss auch mit Neuwahlen rechnen.
Sie sprechen selbst die Debatte um die Wehrpflicht als möglichen Auslöser von Neuwahlen an. Da ist jedoch die SPÖ Ihr Ansprechpartner, diese müssen Sie fragen, warum Michael Häupl in der Schlussphase des Wiener Wahlkampfs aus heiterem Himmel die Abschaffung der Wehrpflicht gefordert hat und warum die SPÖ als Partei diese Position übernommen hat. Über die Notwendigkeit einer Reform des Bundesheeres besteht Konsens, das steht so auch im Koalitionsübereinkommen: Ja zur Bundesheerreform, aber auf Grundlage der allgemeinen Wehrpflicht. An dieser wird von der ÖVP nicht gerüttelt. Aber ich glaube nach wie vor an die Möglichkeit einer Einigung auf Basis des Regierungsübereinkommens. Der erste Schritt hierzu ist die Einigung über die neue Sicherheitsstrategie.
Woher nehmen Sie Ihre Hoffnung auf einen Konsens in der Frage der Wehrpflicht, immerhin hat sich die SPÖ auf eine Abschaffung, die ÖVP auf eine Beibehaltung festgelegt?
Das beste Signal sind konstruktive Verhandlungen, das passiert derzeit bei der Sicherheitsstrategie, ich will diese aber nicht von außen kommentieren. Wichtig ist, dass sicher gestellt ist, dass das Bundesheer sämtliche Aufgaben bewältigen kann. Das allein zählt auch für die Bevölkerung, die für die Befindlichkeiten von Parteien ohnehin kein gesteigertes Interesse hat.
Können Sie als oberster Kampagnenmanager der ÖVP wirklich ruhigen Schlafes in eine Volksbefragung gehen, bei der die Gegenseite die Abschaffung der Wehrpflicht fordert? Ist da nicht schon eine Niederlage vorprogrammiert?
Wenn die ÖVP in eine Kampagne einsteigt, werden wir auch entsprechend vorbreitet sein, darauf können Sie sich verlassen. Doch so weit sind wir noch nicht, noch verhandeln wir über eine Einigung.
Dass sich die ÖVP in der Wehrpflicht so lange nicht festgelegt hat, war kein Zeichen von Selbstbewusstsein, dass diese Auseinandersetzung auch gewonnen werden kann. Erst als die Kampagne der SPÖ - Stichwort Abberufung des Generalstabschefs - ins Straucheln geriet, wurde auch die ÖVP mutiger und hat sich auf ein Nein zu den SPÖ-Plänen festgelegt.
Sie zwingen mich, eine Kampagne zu analysieren, die einzig und allein von der SPÖ - im Form eines Wahlgags von Häupl - vom Zaun gebrochen wurde. Ich bin überzeugt, dass es Häupl nie um das Bundesheer gegangen ist, er wollte in der letzten Phase des Wahlkampfs schlicht ein Thema setzen. Warum die SPÖ diese Forderung ohne Notwendigkeit aufgenommen hat, müsse Sie die Verantwortlichen selbst fragen.
Dennoch ergeben sich dadurch neue inhaltliche Allianzen, die quer zur gegenwärtigen Regierungskonstellation verlaufen: Bei der Wehrpflicht stehen SPÖ, Grüne und BZÖ gemeinsam gegen ÖVP und FPÖ - davon gehen doch klare Signale für künftige Mehrheiten aus.
Das sind künstliche Versuche, neue Lagerbildungen herbeizureden. Aus meiner Sicht ist das sehr weit hergeholt. Jetzt wird gemeinsam mit dem Koalitionspartner SPÖ gearbeitet, 2013 wird gewählt und dann wird man sehen, welche Mehrheiten tatsächlich gegeben sind.
Derzeit scheint die ÖVP in einem hartnäckigen Stimmungstief gefangen zu sein, vom desaströsen Wahlergebnis 2008 konnte man sich nicht erholen.
So stimmt das nicht, 2009 haben wir bei den Europawahlen, in Oberösterreich und Vorarlberg tolle Erfolge gefeiert und wenn es eine Partei gibt, bei der bei sämtlichen Wahlen seit 2008 ein Minus davorsteht, dann ist es die SPÖ, die gleich zwei Mal, in Wien und im Burgenland, ihre absolute Mehrheit verloren hat. Aber hören wir doch auf damit, dass sich die Parteien ständig nur mit sich selbst beschäftigen, seien wir doch stolz auf unsere Leistungen: Fast kein Land ist so gut durch die Wirtschaftskrise gekommen wie Österreich, wir haben die niedrigsten Arbeitslosenzahlen, darauf können und müssen wir aufbauen. Das ist der Verdienst, der Unternehmer und aller fleißigen Arbeitnehmer. Das ist es auch, was die Menschen interessiert, dass sie einen Job haben, mit dem sie auch genug verdienen können.
Es gibt immer wieder das Gerücht, Josef Pröll könnte 2012 die Nachfolge von Christian Konrad als Generalanwalt von Raiffeisen antreten. Befürchten Sie, dass Ihnen ihr Parteiobmann abhanden kommt?
Nein, ich habe keine Sorge, dass Josef Pröll der Politik abhanden kommt.
Der Job als Raiffeisen-Boss ist auch hochpolitisch, wird Pröll die ÖVP in die Wahl 2013 führen?
Davon können Sie ausgehen.