Der neue Wissenschaftsminister Johannes Hahn (ÖVP) im "WZ"-Interview. | Uni-Zugang: Ab Master-Studium Beschränkungen durchaus möglich. | "Kindergarten zum Bildungsgarten weiterentwickeln." | "Wiener Zeitung": Die alte Regierung wollte Weltklasse-Universitäten formen. Glaubt man den Rankings, findet sich Österreichs bestplatzierte Uni, die Uni Wien, aber nur irgendwo im Nirwana zwischen Platz 150 und 200. Wo soll im Jahr 2010 die beste Uni aufscheinen?
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Johannes Hahn: Ich beteilige mich nicht an der Diskussion über Rankings. Denn man muss immer schauen, wer ein Ranking erstellt und wie es entsteht. Interessant ist vielmehr, sich an den einzelnen Unis die Wissenschafter und deren internationale Publikationen anzusehen. Das ist letztlich der Maßstab. Wir sind auf einem guten Weg, die Universitäten weiterzuentwickeln. Das ist ein ewiger Prozess, der eigentlich nie abgeschlossen ist. Mit der Entscheidung der Regierung, 400 Millionen Euro mehr in die Forschung hineinzupumpen - ich weiß schon, dass nicht alles bei mir landen wird - werden wir ganz gezielt in eine noch stärkere Internationalisierung investieren.
Wie viele Millionen beanspruchen Sie für Ihr Ministerium?
Eine Strategie, die man öffentlich macht, ist keine Strategie mehr. Ich werde jetzt niemandem ausrichten, was ich haben will.
Aber das Budget für die Stipendien wird aufgestockt?
Es wäre super, wenn wir von den 175 Millionen Euro auf 200 kämen, aber das ist ein anderer Finanz-Topf.
Wird der Bezieherkreis verbreitert?
http://www.wienerzeitung.at/Images/2007/1/20/948_377_1040_200105grafik.png Es wird eine Mischung sein: Die Stipendienhöhe soll angehoben und gleichzeitig der Bezieherkreis ausgeweitet werden.
Wir haben im Vergleich mit anderen Ländern eine niedrige Akademikerquote. Was werden Sie dagegen tun?
Die niedrige Quote schreckt mich überhaupt nicht, weil wir eine Reihe von Ausbildungen haben, die im Gegensatz zu anderen Ländern nicht akademisch enden. Gerade heuer, wenn die Pädagogischen Akademien in Pädagogische Hochschulen übergeführt werden, kommen viele Akademiker hinzu. Für mich ist aber entscheidend, dass wir ein Ausbildungssystem haben, das den Leuten auch eine Jobperspektive gibt. Letztes Jahr sind die Finnen für ihre Akademiker so gelobt worden. Wenn man sich aber die Jugendarbeitslosigkeit dort ansieht, so ist die viel höher als etwa in Österreich. Bei den Kindergärtnern ist eine akademische Ausbildung am Ende des Tages mein Ziel. Der Kindergarten soll zum Bildungsgarten weiterentwickelt werden.
Auch wenn Unterricht nicht zu ihren Aufgaben zählt. Die SPÖ forderte ein verpflichtendes Vorschuljahr. Macht das Sinn?
Die Diskussion ist eigentlich bei uns, in der Wiener ÖVP, aus Anlass der Integrationsdebatte entstanden. Die wesentlichste Integrationsmaßnahme ist das Erlernen der Sprache. Es wäre daher sinnvoll, ein Gratis-Kindergartenjahr anzubieten. Die Idee war ja, den Schuleinschreibungstermin auf ein Jahr vor Schuleintritt vorzuverlegen, dadurch Sprachdefizite festzustellen und anschließend den Schuldirektoren die Möglichkeit einzuräumen, Kinder um ein Jahr zurückzustellen.
Wie immer gibt es aber einen finanziellen Hintergrund. Die Länder plädieren für ein Vorschuljahr, weil dann der Bund zahlen müsste. Ich neige dazu, den Kindergarten aufzuwerten, da etwa in Wien 80 Prozent der Kinder in den Kindergarten gehen.
Sollte das Vorschuljahr verpflichtend sein?
So lange es irgendwie geht, sollte die Freiwilligkeit erhalten bleiben. Das ist aber kein Dogma, sondern ein Prinzip von mir.
Zurück zu den Universitäten: Wirkliche Weltklasse-Unis haben andere Rahmenbedingungen. Sie können sich ihre Studenten aussuchen. Darauf pochen immer mehr Rektoren.
Wenn die Rektorenkonferenz das thematisiert, muss man sich damit auseinander setzen. Die Rektoren werden demnächst dazu eine Studie präsentieren. Soviel ich aus den ersten Gesprächen entnommen habe, soll es auf Grundlage des dreistufigen Bologna-Prozesses, bei Stufe zwei, dem Master, möglich werden, Zugangsbeschränkungen oder Qualifikationskriterien einzuführen. Das wird man aber noch diskutieren müssen. Mir ist wichtig, dass jeder ein Erststudium absolvieren kann, ungeschadet seines sozialen und finanziellen Hintergrunds. Dass dann im Laufe der weiterführenden wissenschaftlichen Ausbildung, ausgewählt wird, ist durchaus ein überlegenswerter Zugang. Aber der Einstieg muss für alle offen sein. Voraussetzung dafür ist aber natürlich die Umsetzung des dreistufigen Systems.
Am Mittwoch wird die EU-Kommission über die österreichische Quotenregelung beim Zugang zum Medizinstudium entscheiden. Das sind 75 Prozent der Plätze für österreichische Maturanten, 20 Prozent für EU-Bürger, fünf für Nicht-EU-Bürger.
Die EU-Kommission hat noch gar nichts entschieden. Sie wird uns einen Brief schicken, dessen Inhalt ich noch nicht kenne. Es gibt aber Anzeichen, dass sie mit der bestehenden Quotenregelung nicht einverstanden sind. Wir haben zwei Monate Zeit auf diesen Brief zu regieren. Wir können neue, gute Argumente vorbringen. Denn es geht darum, die Versorgung mit Ärzten sicherzustellen. Es ist daher ganz wesentlich, dass ein bestimmter Anteil der Studierenden Österreicher ist.
Soziales Engagement statt Studiengebühren. Das neue Modell wird heftigst kritisiert. Sie arbeiten an einer Liste der in Frage kommenden Tätigkeiten. Wird die Hospizarbeit, so wie es im Regierungsabkommen verankert ist, enthalten sein?
Ich habe es sehr geschätzt, dass die Sozialdemokraten im Zuge der Regierungsverhandlungen auf die ÖVP-Idee der Bürgergesellschaft umgeschwenkt sind. Jetzt gibt es einmal die Arbeitsgruppe. Wir werden momentan überschüttet mit allen möglichen Anregungen, was Freiwilligenarbeit alles sein kann. Zur Hospiz-Arbeit: Das würde ich als eine demonstrative Aufzählung verstehen.
Ich verstehe das neue Modell als eine Unterstützung bisher schon stattfindender Freiwilligenarbeit. Wenn sich jemand sein Studium selbst finanzieren muss, dann muss er sich ohnehin einen anderen Job suchen, weil dann braucht er mehr Geld. Deshalb bin ich dagegen, den Betrag der Studiengebühren durch 60 Stunden Sozialarbeit - die für mich nur eine Untergrenze sein kann - zu dividieren, wo dann nur 6 Euro und ein paar Cent als Stundenlohn herauskommt. Niemand soll zur Sozialarbeit vergenusswurzelt werden, wenn er nicht innerlich dazu bereit ist. Wenn jemand heute schon im Hospizbereich freiwillig mit einer entsprechenden Ausbildung tätig ist, dann soll das auch innerhalb der Gesellschaft anerkannt werden.
Wann gibt es ein Ergebnis dieser Arbeitsgruppe?
In ein bis zwei Monaten haben wir hoffentlich Licht am Ende des Tunnels. Es muss ja auch durchführbar sein. Es kann nicht sein, dass der bürokratische Aufwand schlussendlich mehr kostet, als die ganze Aktion bringt. Deshalb bin ich dafür, dass auf den Bildungssektor zu fokussieren.
Demnach wäre Bundeskanzler Alfred Gusenbauer mit seinem Nachhilfe-Angebot ja ein leuchtendes Vorbild?
(lachend) Wenn man so will durchaus ja.
Wollen Sie es ihm nicht gleichtun?
Jeder muss seine Grenzen kennen . . .
Das Wahlrecht der Österreichischen Hochschülerschaft wurde vom Verfassungsgerichtshof bis auf ein paar Details bestätigt. Die SPÖ wollte es rückgängig machen. Ist das noch Thema?
Es war Verhandlungsgegenstand, ist aber nicht weiter verfolgt worden. Das zeigt, dass das jetzige System in Ordnung ist. Das zeigt ja auch das Ergebnis der Nationalratswahl am 1. Oktober. Es gab keine Beeinträchtigung der Wahlchancen für die SPÖ und die Grünen. Dass die Vorsitzende der Österreichischen Hochschülerschaft jetzt aus der SPÖ ausgetreten ist, hatte ja bekanntlich andere Gründe.