Auslands-Ungarn in Wien machen von ihrem Wahlrecht nicht immer Gebrauch.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 10 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Wien. Zu den Parlamentswahlen in Ungarn waren auch die Staatsbürger im Ausland per Briefwahl aufgerufen. Dass sie von dieser Möglichkeit Gebrauch machen ist allerdings nicht gesagt. "Ich verfolge die Politik in Ungarn, aber ich gehe nicht wählen", sagt der 74-jährige Pensionist János Horváth, der sowohl die österreichische wie die ungarische Staatsbürgerschaft hat und seit 1972 in Wien lebt. "Ich wähle aber auch in Österreich nicht, ich hasse die Politik insgesamt". Wenn er gewählt hätte, wäre es wohl eine Stimme für Viktor Orbans Fidesz geworden: "Der ist ein wenig korrekter als die anderen, die anderen sind alle Gauner".
Im Gegensatz dazu hat Beata Tanczel (38) auch tatsächlich gewählt und ihre Stimme dem Fidesz gegeben. "Ich finde es wichtig an der Wahl teilzunehmen, damit Jobbik nicht zu stark wird. Die schüren nur den Hass in der Bevölkerung", sagt die Behindertenbetreuerin, die seit vier Jahren in Wien lebt. Mit der derzeitigen Opposition kann sie sich nicht anfreunden, auch wenn sie eigentlich lieber eine Grünpartei wählen würde. "Die gibt es allerdings in Ungarn nicht wirklich, auch die LMP nicht. Die halte ich eher für eine Abspaltung von den früheren Liberalen." Mit den Sozialisten, hat sie negative Erfahrungen gemacht: "Da gab es auch auf lokaler Ebene in meiner Heimatstadt früher so viel Korruption und die Linke hat sich personell nicht wirklich erneuert".
Weniger Anklang finden die Konservativen bei den Studierenden aus Ungarn. "Ich werde für das links-liberale Oppositionsbündnis stimmen und hoffe, dass die jetztige Regierung abgelöst wird", sagt eine Studentin der transkulturellen Kommunikation, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen möchte. "Die allermeisten meiner Freunde sehen das auch so, ich kenne eigentlich nur einen Fidesz-Sympathisanten", so die 25-Jährige.
Entgegen den zuletzt veröffentlichten Umfragen, ist sie optimistisch, was den Sieg der Opposition angeht: "Ich glaube die Wahrscheinlichkeit liegt bei 60%".
Der grünen Oppositionspartei LMP hat der Informatiker Andreas Martin dieses Mal eine Chance gegeben. "Vor vier Jahren habe ich nicht teilgenommen. Bei dieser Wahl hat die zuständige Regierungsbehörde schon im Herbst Informationen geschickt. Ich denke, sie wollten damit mehr Auslandsungarn zur Teilnahme motivieren", sagt der Mittdreißiger. Auch im Bekanntenkreis sei eine Mobilisierung spürbar gewesen. "Das Thema war natürlich präsent und die Parteipräferenzen waren gemischt. Aber der Grundtenor war, dass es keine Zugeständnisse an die Rechtsextremen geben darf. Da waren auch viele Anhänger von Fidesz enttäuscht."