In Vorarlberg und Wien ist die Enttäuschung groß, dass eine flächendeckende Gesamtschule vorerst nicht möglich sein wird. Die Bildungsreform sieht Modellregionen vor, diese müssen aber auf 15 Prozent der Schulen und Schüler eines Landes beschränkt sein.
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Wien/Bregenz. Eine flächendeckende Gesamtschule wird es in Österreich so bald nicht geben. Darauf haben sich die Bildungsreform-Verhandler festgelegt. Immerhin ist in dem Papier aber nicht mehr von einer Schule der 10- bis 14-Jährigen, sondern von einer Schule der 6- bis 14-Jährigen die Rede. Gesprochen wird von Modellregionen, die alle Schulen umfassen. In solchen Modellregionen können alle Schulen miteinander verbunden werden. Aber: In keinem Bundesland dürfen mehr als 15 Prozent der Schulstandorte und nicht mehr als 15 Prozent der Schüler an einer Gesamtschule sein.
Wien bleibt am Ball
Vor allem zwei Bundesländer sind betroffen. Wien hat im Regierungsprogramm zwischen SPÖ und Grünen ein Bekenntnis zu einer flächendeckenden Einführung der gemeinsamen Schule der 10- bis 14-Jährigen abgelegt. "Wir setzen uns weiter dafür ein, dass es eine Modellregion für die gesamte Stadt gibt", sagte die designierte Bildungsstadträtin Sandra Frauenberger zur "Wiener Zeitung".
Hoffen auf Änderungen
Sie hofft dabei auch auf die Arbeitsgruppe, die sich mit der gesetzlichen Umsetzung des Reformpapiers befasst. Derzeit gibt es in Wien acht Schulstandorte, wo eine AHS-Unterstufe zu einer Neuen Mittelschule wurde. Insgesamt zählt Wien 84 AHS-Unterstufen, 20 waren kurzfristig geplant. Ob es dazu kommen wird, konnte man im Büro der neuen Bildungsstadträtin noch nicht sagen. Man warte nun, was die Steuerungsgruppe im Detail ausarbeite.
Deutliche Verärgerung hört man aus den Reaktionen in Vorarlberg heraus. Im Ländle ist bereits ein Forschungsprojekt für die Schule der 10- bis 14-Jährigen aufgesetzt und es gibt sowohl einen Regierungs- als auch einen Landtagsbeschluss für die flächendeckende Umsetzung der Gesamtschule. "Unsere Erwartungen wurden nicht erfüllt", sagte Vorarlbergs Bildungslandesrätin Bernadette Mennel (ÖVP) zur "Wiener Zeitung". Sie könne jetzt noch nicht sagen, wie Vorarlberg diese 15-Prozent-Beschränkung umsetzen werde.
Spielraum des Landes ist eng
Man könne den Reformbeschluss aber als ersten Schritt bezeichnen. "Ich hätte mir mehr Mut erwartet, aber man darf sich nicht entmutigen lassen", sagt Mennel. Vorarlberg habe sich auf den Weg gemacht, das Schulsystem an die sich verändernde Gesellschaft anzupassen. Mit der nunmehrigen Beschränkung werde der Spielraum des Landes komplett eingeengt. Zahlen, wie viele Schulen in Vorarlberg schließlich in eine solche Modellregion kommen könnten, konnte die Bildungslandesrätin noch nicht sagen.
Das Konzept sieht vor, dass Modellregionen bis 2025 evaluiert werden - möglich, dass dann eine gemeinsame Schule doch noch kommt. "Ich hätte mir jetzt die Gesamtschule gewünscht", sagt Mennel.
Die Modellregion
Das Reformpapier besagt, dass die Gesamtzahl der Standorte in den Modellregionen in keinem Bundesland 15 Prozent aller Standorte der jeweiligen Schulart (Volksschule, Sonderschule, NMS, AHS) sowie 15 Prozent aller Schüler der jeweiligen Schulart überschreiten darf. Eine Begrenzung war notwendig, weil es sich sonst nicht mehr um ein Modell gehandelt hätte.
Eine Zustimmung der Schule ist offenbar nicht notwendig, nur bei Privatschulen wird explizit erwähnt, dass sie nicht betroffen sind, außer wenn sie freiwillig mitmachen wollen.
Der Bund wird die Modellregionen nicht zusätzlich finanzieren, somit sollen keine Mehrkosten entstehen. Die AHS-Unterstufe werde ebenfalls eingebunden. Damit bliebe das Gymnasium bestehen, aber es gebe die Möglichkeit, auch andere Systeme zu entwickeln.
Eine Evaluierung nach zehn Jahren soll dann Klarheit bringen. Der Streit über die Gesamtschule ist damit keinesfalls beendet - darüber sind sich auch die Verhandler im Klaren. Aber es gebe einen produktiven Wettbewerb.