Nur wenig Steuergeld in der Justiz. | Tariferhöhungen "sehr moderat". | Ausgabenkürzung kaum möglich. | "Wiener Zeitung": Richter, Anwälte und Notare kritisieren das Budget ihres Ministeriums. Haben Sie sich beim Finanzminister nicht durchgesetzt? | Claudia Bandion-Ortner: Wir haben ein Budget von 1,1 Milliarden Euro für den Justizbereich inklusive Strafvollzug.
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Davon bringen wir 72 Prozent selber auf. Der Steuerzahler muss nicht mehr als 400 Millionen Euro für die Justiz zahlen. Alles andere wird durch Strafzahlungen und Gebühren eingenommen. Es zahlen also primär die, die die Leistungen der Justiz in Anspruch nehmen. Wir nähern uns da immer mehr dem Prinzip der Kostenwahrheit und dem Verursacherprinzip. *
Jetzt ist die Steuerquote in Österreich ja nicht gerade niedrig. Da könnte man doch annehmen, dass damit diese staatlichen Leistungen abgegolten sind.
Ich finde das Verursacherprinzip besser. Außerdem hat das in Österreich Tradition, das können wir nicht einfach umstellen.
Die Gebühren werden deutlich angehoben. So wird kritisiert, dass etwa das Kopieren von Akten in einem umfangreichen Verfahren sehr teuer ist.
Zwar treffen die Budgeteinsparungen das Justizressort weniger als andere Ressorts, die Schwierigkeit in der Justiz ist aber, dass wir so gut wie keine Manövriermasse haben. Ich habe einfach keine Ausgaben, die ich streichen kann. Ich kann ja nicht den Opferschutz streichen. Die Gebühren haben wir aber wirklich sehr moderat erhöht. Bei den Grundbuch- und Firmeneintragungen trifft es weniger den einzelnen, da macht es eher die Masse aus. Beim Firmenbuch haben wir außerdem lediglich die Tarife, die seit 1999 nicht mehr erhöht wurden, an die Inflation angepasst.
Aber die Kopiergebühren wurden deutlich erhöht.
Wer es sich nicht leisten kann, der wird auch für die Kopien nichts bezahlen müssen. Was aber das Kopieren angeht, so ist das außerdem eine Maßnahme aus dem letzten Budgetbegleitgesetz. Es wird da immer mit Copyshops verglichen, aber die Justiz ist nun einmal kein Copyshop. Das kopieren von Gerichtsakten ist eine aufwendige Angelegenheit. Außerdem wird es bald gar nicht mehr nötig sein, dass man überhaupt etwas kopiert, weil der elektronische Akt schon bald Realität sein wird. Im Bawag-Verfahren zum Beispiel hatten bis auf einen Rechtsanwalt - der hat sich mit Computern nicht ausgekannt - alle den Akt auf USB-Stick in der Hosentasche. Das ist unser Ziel. Oder wenn man überlegt, dass der Hypo-Akt aufeinander gestapelt schon elfmal so hoch wäre, wie der Stephansdom, ist es wirklich gescheiter, man hat alles im Laptop und kann den Akt überall hin mitnehmen. Das passiert ja auch schon in den Großverfahren. Auch bei der neu zu gründenden Wirtschaftskorruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) werden wir ein System haben, wo alles eingescannt wird. Da braucht man im Grunde kein Papier mehr. Damit erübrigt sich die Frage der Kopierkosten.
Aber gerade in der Justiz könnte man auch ausgabenseitig viel einsparen, etwa durch die Zusammenlegung von Bezirksgerichten oder durch Schwerpunktsetzungen in der Staatsanwaltschaft. Es muss ja nicht jeder alle Fälle bearbeiten können.
Diese Schwerpunktsetzung machen wir bereits. Die WKStA, die im September 2011 installiert wird, ist genau eine solche Spezialisierung, die zu Effizienzsteigerungen führen soll. Auch im städtischen Bereich gibt es Schwerpunktsetzungen. Am Land ist das schwieriger, weil hier die personellen Kapazitäten zu gering sind.
Dort könnte man bei Bezirksgerichten zusammenlegen.
Über die Zusammenlegung von Bezirksgerichten kann man sicher diskutieren - aber da legen sich vermutlich die Landeshauptleute quer. Aufgrund entsprechender 15a-Vereinbarungen müssten diese zustimmen, aber es gibt keine dahingehenden Signale. Einverstanden waren sie hingegen mit der Abschaffung der Gerichtstage, also den Amtstagen an aufgelassenen Gerichtsstandorten. Die werden so wenig genutzt, da ist es vollkommen ineffizient, dass ein Richter samt Kanzleipersonal einen halben Tag lang in einer Bezirksbehörde sitzt und darauf wartet, dass jemand kommt - dort ist zudem die Sicherheit, die wir in den Bezirksgerichten erhöht haben, nicht gewährleistet. Gleichzeitig sind in den Ballungszentren die Gerichte völlig überlastet.
Man könnte zum Beispiel damit beginnen, dass man die Dienstzeit der Richter regelt.
Fragen Sie da mal die Richter. Die Einführung einer geregelten Dienstzeit wird immer wieder diskutiert. Da müsste man erst prüfen, ob das - wegen der Unabhängigkeit der Justiz - verfassungsrechtlich unbedenklich ist. Außerdem: Ich war selbst 15 Jahre lang Richterin und die freie Dienstzeit hat bei mir dazu geführt, dass ich viel mehr als 40 Stunden gearbeitet habe. Ich glaube nicht, dass Richter unterbeschäftigt sind. Ganz im Gegenteil. Die Arbeitszeiterfassung zeigt an den Landesgerichten eine Auslastung von 120 Prozent. Es ist wie bei den Lehrern: man tut den Menschen teilweise schon Unrecht. Man denkt: Freie Dienstzeit - der kann tun was er will. Aber so ist es natürlich nicht. Das Bild vom Richter auf dem Tennisplatz stimmt schon lange nicht mehr.
Wird die Arbeitsbelastung an den Gerichten nicht noch größer, wenn jetzt das Gerichtspraktikum von neun auf fünf Monate verkürzt wird?
Es heißt immer, Rechtspraktikanten würden als Schriftführer oder Bezirksanwälte im Strafprozess wegfallen. Das stimmt nicht, weil es im STrafrechtsbereich überhaupt keine Kürzung gibt. Außerdem werden diejenigen, die in der Justiz bleiben wollen, geeignet sind und Interesse zeigen, verlängert. Die sind auch wirklich eine Hilfe. Aber für viele ist das Praktikum eine reine Pflichtübung, die halt absolviert werden muss, die aber ohnehin zu einer Bank oder Versicherung gehen wollen. Österreich ist das einzige Land, wo Juristen von der Justiz ausgebildet und bezahlt werden, die dann aber ganz wo anders arbeiten. Das kann ich mir nicht leisten. Ich habe außerdem auch sonst keine Ausgaben, die ich reduzieren kann. Ich kann ja nicht - wie gerade in Spanien und Rumänien - die Richtergehälter kürzen. Die sind bei uns im internationalen Vergleich ja ohnehin nicht so toll. Aber irgendwo muss ich einsparen.
Das tun sie auch bei den Drogentherapien.
Ja, weil stationäre Therapien wahnsinnig teuer sind. Hier geht der internationale Trend in Richtung Kombitherapie, also zuerst stationär, dann ambulant. So lernen die Betroffenen auch, mit ihren Problemen in der Realität umzugehen. Das werden wir forcieren, weil es Kostenersparnis und bessere Erfolge bringt.
Claudia Bandion-Ortner (44) ist seit 15. Jänner 2009 parteiunabhängige (aber ÖVP-nominierte) Justizministerin. Davor war sie 15 Jahre lang Richterin am Wiener Landesgericht für Strafsachen, wo sie unter anderem den Konsum- und den Bawag-Prozess leitete.