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"Ich kenne Doktor Lüssel nicht"

Von Nina Flori

Politik

Der Eurofighter U-Ausschuss am Dienstag war mit den ehemaligen Kanzlern Schüssel und Gusenbauer prominent besetzt.


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Wien. Gleich zwei ehemalige Bundeskanzler mussten sich am Dienstag im Eurofighter-Untersuchungsausschuss den Fragen der Abgeordneten stellen: Wolfgang Schüssel (ÖVP), unter dessen Ägide der Eurofighter-Ursprungsvertrag im Jahr 2003 abgeschlossen worden war, und Alfred Gusenbauer (SPÖ), der 2007, als der damalige Verteidigungsminister Norbert Darabos den höchst umstrittenen Vergleich mit EADS abschloss, Bundeskanzler war.

Schüssel, der am Vormittag befragt wurde, verteidigte den Eurofighter-Kauf. "Man kann aus politischen Gründen anderer Meinung sein, aber die Qualität des Vertrages ist absolut okay", so der ehemalige Kanzler. Auch die Typenentscheidung, die eigentlich nicht Thema des aktuellen U-Ausschusses ist, wollte er nicht in Frage stellen. Es sei falsch zu glauben, dass der Eurofighter und der Gripen zwei Flugzeuge auf gleicher Augenhöhe seien: "Der Eurofighter war um Lichtjahre besser."

Kontakte zu Eurofighter-Lobbyisten dementierte Schüssel. Weder den Vermögensberater Helmut Werner noch den EADS-Lobbyisten Georg Schmidt habe er getroffen. Der grüne Abgeordnete Peter Pilz legte einen Aktenauszug der Staatsanwaltschaft München vor, wonach die Briefkastenfirma City Chambers Limited von EADS 8,4 Millionen Euro Schmiergeld bekommen und weiterverteilt haben soll. In dem Aktenauszug ist auch von Gesprächen zwischen Lobbyisten und österreichischen Politikern, die als "Dr. Lüssel", "J. Laider" und "K.H. Lasser" angeführt sind, die Rede. "Ich kenne Doktor Lüssel nicht", sagte Schüssel. Es handle sich um eine "kabarettreife Verballhornung" von irgendwelchen Namen. "Schmiergeldzahlungen schließe ich in unserer Partei vollkommen aus."

Über Darabos wollte Schüssel "menschlich kein schlechtes Wort sagen", der Mann sei sicherlich unter einem ungeheuerlichen Druck gestanden, den Vergleichsabschluss kritisierte er jedoch scharf. Darabos hätte sich "die besten Köpfe holen sollen". Dass er nicht jene Experten eingebunden habe, die den Ursprungsvertrag verhandelt hatten, "finde ich ein derartiges Versäumnis, dass man sich im Nachhinein nur wundern kann".

Als "erstaunlich" bezeichnete Schüssel die "Geheimhaltung", unter welcher Darabos die Verhandlungen geführt habe. Er habe weder die Finanzprokuratur einbezogen noch das Finanzamt informiert. Auf die Frage von Neos-Abgeordneten Michael Bernhard, warum die ÖVP dagegen nichts unternommen habe, meinte Schüssel, dass "das volle Drama", wie die Sache im Sommer 2007 gelaufen sei, damals noch nicht bekannt gewesen sei.

Alfred Gusenbauer, der am Nachmittag zu Gast im U-Ausschuss war, verteidigte den von Darabos abgeschlossenen Vergleich und betonte, dass dieser Österreich Millionen erspart habe. Mit dem Zivilrechtsprofessor Helmut Koziol habe sich Darabos von einem der "ausgezeichnetsten Experten" beraten lassen. Dessen Nominierung sei "ausdrücklich und schriftlich" vom Chef der Finanzprokuratur, Wolfgang Peschorn, erfolgt.

"Wir wollten aus dem Vertrag raus", betonte der Ex-Kanzler. Koziol sei zum Schluss gekommen, dass das Risiko zu hoch sei, und habe "eindringlich" davor gewarnt. Darabos habe sich dem angeschlossen. "Und ich habe ihn nicht abgebracht", so Gusenbauer.

So habe es nur die Möglichkeit gegeben, Sachverhalte zu finden, die geeignet gewesen wären, Korruptionsvorwürfe aufs Tapet zu bringen. "Der U-Ausschuss hat acht Monate lang getagt und geschaut, ob es solche gibt. Da diese nicht gefunden wurden, gab es nur die Möglichkeit einen Vergleich zu schließen." Darabos habe ihn laufend mündlich über den Fortgang der Gespräche informiert. Angesprochen auf die fehlende Einbindung des Finanzamtes meinte Gusenbauer: Die ÖVP habe sich gar nicht für die Vergleichsverhandlungen interessiert. "Sie war ja pauschal gegen jede Vertragsänderung."

Über den von Koziol im Gartenhotel Altmannsdorf handschriftlich verfassten Vergleichsentwurf von Mai 2007 will Gusenbauer nicht Bescheid gewusst haben. Laut Pilz soll dieser rechtsgültig gewesen sein und für Österreich deutlich bessere Bedingungen enthalten haben als der Ende Juni in Paris ausverhandelte. Darabos habe durch den zweiten Vergleich wissentlich Verschlechterungen für Österreich in Kauf genommen, meinte Pilz. "Das ist mir neu", entgegnete Gusenbauer. Den Vorwurf, der Republik Schaden zugefügt zu haben, wies er entschieden zurück. In der ZiB2 griff Gusenbauer Pilz an: Kein einziger Vorwurf habe im U-Ausschuss erhärtet werden können.

Am Mittwoch werden die Befragungen im U-Ausschuss fortgesetzt. Als Zeuge ist der EADS-Lobbyist Georg Schmidt geladen.