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Kärntner Muslimin wurde Job wegen Religion verweigert. Antimuslimischer Rassismus wird in Österreich immer lauter.
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Wien. Nicht nur der Terrorismus im Irak und in Syrien ist für viele Muslime in Österreich und in Wien besorgniserregend, sondern auch die zunehmend offensichtliche Diskriminierung, die diese täglich erfahren: Ivana Z. (Name von der Redaktion geändert), Studentin an der Universität Klagenfurt, wurde dieser Tage wegen ihrer Religionsangehörigkeit eine Arbeitsstelle bei einer Kärntner Glaserei verweigert. Beim Vorstellungsgespräch wird der Studentin zu allererst die Frage nach der Herkunft, dann die Frage nach der Religion gestellt. Die schockierte Ivana Z. hinterfragt daraufhin die Sinnhaftigkeit der Fragestellung. Darauf antwortet die Geschäftsführerin: "Ich nehme nur Katholische", schreibt Ivana Z. wenig später auf ihrem Facebook-Profil.
Die 20-Jährige ist oft mit blöden Blicken oder dummen Kommentaren konfrontiert, aber so etwas habe sie noch nie erlebt, erklärt sie in einem Gespräch mit der "Wiener Zeitung". "Sie hat gemeint: Das, was gerade in der Welt geschieht, da kann sie einfach nicht drüberstehen und mich nehmen, weil ich Muslimin bin." Fassungslos ist die Studentin wenig später gegangen. Sie habe nicht gewusst, wie sie anders reagieren sollte. Das sei bisher ihre schlimmste Erfahrung am Arbeitsmarkt gewesen.
"Allein die Tatsache, dass sich die Dame nicht schämt, solche Worte zu wählen, verstehe ich als Beleidigung meiner Person", meint Ivana Z.. Denn die Geschäftsführerin der Glaserei habe ihr weiters erklärt, dass Österreich ein christliches Land sei und ihr deshalb auch geraten, sie solle sich eine Arbeit in Bosnien, dem Heimatland ihrer Eltern, oder bei den "Moslems" suchen.
"Verantwortung in der medialen Berichterstattung"
Politikwissenschafter und Islamophobie-Experte Farid Hafez sieht genau in solchen Ungerechtigkeiten und ablehnenden Haltungen den Grund für die Radikalisierung mancher Jugendlicher in Europa. Tatsächlich hat die Kärntnerin weder mit extremistischen Terrororganisationen im Ausland noch mit radikalisierten Jugendlichen im Inland etwas zu tun. Wie kommt es also, dass österreichische Muslime, die an den demokratischen Staat glauben, für solche Gräueltaten büßen müssen? Hafez sieht die Verantwortung unter anderem in der medialen Berichterstattung. "Die undifferenzierte Sprache, die von Islam-Kriegern, Dschihad-Bräuten und so weiter spricht, führt dazu, dass der Islam per se in einen Sinnzusammenhang mit Terror und Gewalt gebracht wird", erklärt der Lehrbeauftragte an der Universität Wien. Damit schwinde die Differenzierung zwischen politischem Terror, der sich auf den Islam bezieht und der islamischen Religion, die friedlich ist und diesen Terror verurteilt.
Ivana Z. berichtet von einem weiteren Erlebnis, das für sie skurril und verletzend gewesen sei: Als sie vor kurzem im Supermarkt mit ihrer Schwester Bosnisch sprach, habe eine Frau sie aufgefordert, sie sollen diese "hässliche Sprache nicht sprechen oder dorthin gehen", wo sie gesprochen wird. Natürlich habe Ivana Z. mit dem Gedanken gespielt, eine freche Antwort zu geben und das Ganze auf die leichte Schulter zu nehmen. Doch sie sei es schon müde geworden, jedes Mal auf solche verbalen Attacken zu reagieren.
Vor allem Frauen, die sichtbar muslimisch sind - sprich Kopftuch tragen -, treffen solche Übergriffe viel stärker, weiß Ivana Z.. Einer Akademikerin mit Kopftuch wurde ihr zufolge beim AMS gesagt, sie solle Teller abwaschen gehen. Wenn sie etwas anderes machen möchte, dann sollte sie nicht mit diesem Tuch herumlaufen, soll ihr der AMS-Berater gesagt haben, schildert Ivana Z..
Das führe zu einer sehr bedrückende Stimmung, die sich seit geraumer Zeit vor allem unter muslimischen Frauen breitmache. "Sie werden benachteiligt und ihrer österreichischen Identität beraubt." Und Ivana Z. weiß eigentlich nicht, an wen sie sich wenden kann. Deswegen zögert sie jetzt auch einmal mehr, weitere Schritte einzuleiten.
"Muslime als Verteidiger der Demokratie"
Hafez verweist auf die Gleichbehandlungsanwaltschaft, die im Bundeskanzleramt angesiedelt ist, den Klagsverband und den Verein Zara (Zivilcourage und Antirassismusarbeit). "Muslime dürfen nicht den Glauben an die Demokratie verlieren. Im Gegenteil: In dieser schwierigen Zeit sind gerade sie die Verteidiger der Demokratie, indem sie auf die Rechtsstaatlichkeit und die Grundrechte zurückgreifen", so Hafez. Muslime, die Unrecht erfahren, sollen aufstehen, um den rechten Forderungen entgegenzutreten und die demokratische Gesellschaft vor einer Aushöhlung zu schützen, meint der Experte.
Hafez unterstreicht die Wichtigkeit der Partizipation junger Menschen in der Gesellschaft. Jugendlichen müsse gezeigt werden, wie sie teilhaben und derartige Ungerechtigkeiten überwinden können. Dieser Tage würden Muslime mehr denn je das Problem des antimuslimischen Rassismus zu spüren bekommen. Wie sie damit umgehen können, sei allerdings Aufgabe von Politik und Gesellschaft.