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Die erste Stichwahl-Konfrontation zwischen Norbert Hofer und Alexander Van der Bellen in der Ö1-Sendung "Klartext" bot das Gegenteil dessen, was viele erwartet haben. Beide waren um Konsens bemüht: "Ich sehe das genauso wie Sie." Das ist ungewohnt für zwei Politiker von FPÖ und Grünen, die einander in der politischen Auseinandersetzung auch schon einmal mit beidseitiger Verachtung begegnen. Mag sein, dass eine verbindliche Debatte die Fans beider Lager irritiert, doch das betont Konsensuale von Hofer und Van der Bellen ist wichtig.
Erstens geht es um das Amt des Bundespräsidenten, dessen Aufgabe es auch ist, eine Art Mediator zu sein. Die Streitarena der Demokratie ist hierzulande das Parlament, nicht die Hofburg.
Zweitens, FPÖ und Grüne werden, trotz Mitregierens in den Ländern, nach wie vor als Oppositionsparteien wahrgenommen; zwar mit diametralen Ansichten, aber doch mit einem gemeinsamen Gegner: der großen Koalition. Wenn sich Grün und Blau im Plenum oder via Aussendungen befetzen, ist das nicht fein, spielt aber eine untergeordnete Rolle. Nun aber sind Rot und Schwarz ausgeschieden, womit FPÖ und Grüne erstmals bei einer bundesweiten Wahl alleine im Polit-Ring stehen. Jetzt gibt es kein gemeinsames Ziel mehr. Das heißt aber auch, dass auf Hofer und Van der Bellen nun eine andere Verantwortung als sonst zukommt. Sie müssen vorleben, wie politische Gegner miteinander umgehen sollten: In der Sache bestimmt, die eigenen Positionen verteidigen und argumentieren, den Gegner aber nicht offen verachten und beleidigen. Beinahe unbemerkt hat sich in den vergangenen Jahren eine gesellschaftliche Spaltung entlang dieser beiden Lager aufgetan. Es liegt an beiden Kandidaten, diesen Spalt nicht weiter zu vertiefen. Die Folgen wären unabsehbar.