Lothar Höbelt, Historiker und Ex-FPÖ-Vordenker, kann die aufgeregte innerparteiliche Diskussion bei der FPÖ nach dem Debakel bei der EU-Wahl nicht verstehen. Im Gespräch mit der "Wiener Zeitung" erklärt er warum.
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"Wenn alle Beteiligten sich einigermaßen rational verhalten, wird es beim 'business als usual" bleiben", prognostiziert Höbelt. "Am führenden Personal hat sich schließlich nichts geändert und Jörg Haider gibt seit Knittelfeld wieder eindeutig den Ton an." Die geschäftsführende Parteiobfrau werde künftig eben als tatsächlich Parteiobfrau die Geschäfte führen.
Auch für eine innerparteiliche Revolution der Nationalen, die von einigen Medien plakativ herbeigeschrieben wird, besteht für Höbelt keine Notwendigkeit. In Umfragen liege die FPÖ schließlich stabil bei rund 9 Prozent; bei der EU-Wahl habe eben Hans-Peter Martin etwas mehr als zwei Prozent von diesen abgeräumt. Für Höbelt "wahrlich kein Anlass" für eine Untergangsstimmung. Ihn wundert nur "die 'Rip van Winkle-Stimmung' vieler FPÖ-Funktionäre, die die letzten zwei Jahre anscheinend im Tiefschlaf verbracht haben und nun verwundert feststellen, dass die FPÖ keine 20-Prozent-Partei mehr ist".
Haider habe in jener Phase vor Knittelfeld, als es eine Bewegung gab, die ihn zu marginalisieren versuchte, mit allen Mitteln - bis hin zu Saddam-Besuchen - zurück geschlagen, bis er wieder das Ruder allein in der Hand hielt. Nun wurde eben noch einmal bestätigt, dass ohne ihn in der Partei nichts geht.
Den Versuch des rechten Lagers um Wiens Obmann Hein Christian Strache, Volksanwalt Ewald Stadler, Andreas Mölzer und Co., die Macht in der Partei zu übernehmen, sieht Höbelt zum Scheitern verurteilt - nicht zuletzt, weil Haider dieser Gruppe nun wieder seine Unterstützung entzogen habe.
Strache wisse dies, und versuche sich deshalb jetzt zu profilieren, solange er als Chef einer der finanzstärksten Landesparteien noch über die Mittel dazu verfüge. Denn nach den nächsten Gemeinderatswahlen werde dies nicht mehr möglich sein, ist Höbelt überzeugt.
Überhaupt ist er davon überzeugt, dass die alten ideologischen Denkmuster - also auch die deutsch-nationalen - nicht mehr funktionieren. Den Einfluss der FPÖ sieht er realistisch: "Was soll eine kleine Partei aus einem kleinen Land auf einem kleinen Kontinent die Welt neu erfinden?"