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Am Montag vor 25 Jahren fand so etwas wie eine Zeitenwende im Nachkriegstheater statt. Thomas Bernhards "Heldenplatz" hatte im Wiener Burgtheater Premiere. Und zwar entgegen dem in seltener Einigkeit hegemonial schießenden Trommelfeuer, den vielstimmigen Hasstiraden sowie dem rituellen Herbeisehnen einer Zensurbehörde, die (am besten gewaltsam!) einschreiten möge. Ich könnte es mir einfach machen und behaupten, dass ich "Heldenplatz" damals toll fand. Dem war aber nicht so: Ich war dagegen. Aber ich habe mildernde Umstände vorzubringen: Immerhin war ich 15 und steckte mitten in einer sinnlos harten Ausbildung. Außerdem gab es im Elternhaus lediglich ein Abo der "Presse", was der Offenheit gegenüber provokantem Theater nicht gerade förderlich war. Dass ich erst Jahre später im Studium das Genie, die Wahrheit und die schiere Notwendigkeit der Bernhard-Texte erkannte, mag als Zeugnis einer Weiterentwicklung gelten. Dazu muss man sagen, dass auch die Feuilleton-Chefin der "Wiener Zeitung" gegen "Heldenplatz" war. Gut, die war damals elf und eigentlich gegen so ziemlich alles. Aber auch sie wurde durch die Zeit geläutert. Wie auch einige damals erwachsene Journalisten, die gegen ein Stück wetterten, das sie nicht gelesen haben konnten.
Er hat es nicht erlebt, aber die Tatsache, dass Thomas Bernhard sich heute noch zugutehalten könnte, mit dem legendären Theaterskandal vielleicht mehr zur Aufarbeitung der jüngeren Geschichte beigetragen zu haben, als etliche Gedenkveranstaltungen es je könnten, mag ihn für die Schmähungen entschädigen.