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"Ich will keine Kinder." - "Passt."

Von Eva Stanzl

Wissen

Paare besprechen die lebensprägende Entscheidung, keine Kinder zu haben, kaum.


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Leeds/Wien. In Industrieländern werden weniger Kinder geboren: Erklärungsmodelle reichen vom gesellschaftlichen Wandel über die Auswirkungen der Pille bis hin zum Verschieben, bis es zu spät ist. "Es hat aber kaum jemand analysiert, wie Liebespaare sich überhaupt darauf einigen, dass sie keine Kinder haben wollen", berichtete die Soziologin Edina Kurdi bei der Jahreskonferenz der Britischen Gesellschaft für Soziologie am Wochenende im englischen Leeds.

Die Doktorandin an der Middlesex University hat sich dem Thema nun mit einer nicht-repräsentativen wissenschaftlichen Befragung genähert - und Verblüffendes herausgefunden: Viele kinderlose Paare haben kaum bis gar nicht über diese lebensprägende Entscheidung gesprochen. "Fast 40 Prozent der Frauen ohne Kinder gaben an, das Thema entweder nie oder aber nur einmal ganz am Anfang der Beziehung besprochen zu haben", sagte Kurdi. Die Soziologin befragte 75 kinderlose Frauen ab dem Alter von 35 über Internet und interviewte neun von ihnen persönlich. 63 Frauen beantworteten die Fragen zu diesbezüglichen Gesprächen ausführlich. 23 von ihnen gaben an, die Entscheidung gegen Kinder in nur einem einzigen Gespräch besiegelt zu haben und drei weitere sagten, es sei nie darüber geredet worden.

Präzises Gespür für die Lage

"Wir mussten nichts ausverhandeln sondern nur ein paar Worte austauschen im Sinne von: ,Ich will keine Kinder - Du?‘ ,Passt, ich auch nicht.‘ Danach haben wir uns über Interessanteres unterhalten und nie wieder darüber nachgedacht", gab eine Frau zu Protokoll. Eine andere erklärte: "Es wurde nichts ausgesprochen, sondern unsere Handlungen stellten die Lage klar - unser Auto war ja immer ein Zweisitzer." Und eine Dritte: "Wir haben das nie diskutiert, sondern wir waren uns einfach einig. Es gab in der Angelegenheit nichts zu besprechen."

Kurdi zufolge sind die Antworten "überraschend. Auf Kinder zu verzichten, ist eine wichtige Entscheidung und es ist erstaunlich, wie nebensächlich und unbedeutsam sie von so vielen Paaren behandelt wird." Ein möglicher Grund für den geringen Gesprächsbedarf könnte das Feingefühl sein: Partner spüren von einander präzise, ob Interesse an Kindern besteht oder nicht, legt Kurdi nahe, die die Befragung als Grundpfeiler für ihre Doktorarbeit nutzen möchte.

Über die Motive, sich gegen Kinder zu entscheiden, gibt eine Studie des Österreichischen Instituts für Familienforschung Aufschluss. Demnach erwarten sich Österreicher und Deutsche durch Kinder nur eine minimale Verbesserung ihrer Lebenszufriedenheit, wenig soziale Anerkennung und eine Verschlechterung der beruflichen Chancen für Frauen.