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ÖVP-Behindertensprecher Franz-Joseph Huainigg im Interview.
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Die "Wiener Zeitung" berichtete am Wochenende über die Pläne der SPÖ und ÖVP, ein verfassungsrechtliches Verbot der Sterbehilfe einzuführen. Dieses Vorhaben führt nun zu einer Debatte zwischen Gegnern und Befürwortern. ÖVP-Behindertensprecher Franz-Joseph Huainigg bezieht Stellung. Lesen Sie hier die Gegenposition von Neos-Vize-Chefin Angelika Mlinar.
"Wiener Zeitung": Sind Sie für ein Verbot der Sterbehilfe?
Franz-Joseph Huainigg: Ja, allerdings war es mein Wunsch, dass nicht das Verbot der Sterbehilfe, sondern das Recht auf palliativmedizinische Begleitung in die Verfassung kommt. Das Gleiche sollte mit dem Verbot der Tötung anderer geschehen, das derzeit nur im Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch festgehalten ist.
Was erwidern Sie Kritikern, die - wie der Wiener Philosoph Peter Kampits - argumentieren, dass der Staat am Sterbebett seiner Bürger nichts verloren hat?
Darauf antworte ich, dass auch ein Arzt mit der Sterbespitze in der Hand nichts am Todesbett eines Menschen verloren hat. Die Menschen brauchen in dieser Phase eine Begleitung, die dafür sorgt, dass die Schmerzen bestmöglich verringert werden. Gelingt dies, dann kehrt in der Regel auch der Wunsch zu leben zurück, zumindest zeigen uns das die Erfahrungen der Hospizmediziner.
Andere Länder in Europa überlegen, die Sterbehilfe zu liberalisieren. Was spricht für Sie gegen diese Entwicklung?
Ich bin ein Mensch mit Behinderung, der weder Arme noch Beine bewegen kann, der auf ein Atmungsgerät und einen Rollstuhl angewiesen ist. Für viele Menschen ist das ein Leben, das nicht lebenswert erscheint. Das führt dazu, dass ich mich mitunter für mein Leben rechtfertigen muss. Das aber will ich nicht. In den Niederlanden kann man auch gut verfolgen, welche Folgen eine Liberalisierung mit sich bringt: 2006 belief sich die Zahl der Sterbehilfefälle noch auf 2300, 2011 waren es schon 3400; bei 10 Prozent aller Todesfälle kommt es hier zu einer palliativen Sedierung, das heißt, die Patienten werden in einen künstlichen Tiefschlaf versetzt und nicht mehr ernährt. Das alles erscheint mir kein erstrebenswertes Vorbild zu sein.
Das Recht des Einzelnen, über seinen Tod zu entscheiden, ist für Sie kein Gegenargument?
Natürlich ist das Recht auf Selbstbestimmung möglich, dazu gibt es ja auch die Möglichkeit einer Patientenverfügung, wo festgelegt werden kann, welche Maßnahmen ein Arzt durchführen oder eben unterlassen soll. Das ist eine gute Gelegenheit, sich einmal mit dem eigenen Tod zu beschäftigen und zu überlegen, wozu man selbst bereit ist. Als ich 2006 eine schwere Gesundheitskrise hatte, haben sich die Ärzte gefragt, ob ich überhaupt noch leben will. Tatsächlich wollte ich, dass die Ärzte alles unternehmen, dass ich wieder zurück zu meiner Familie und arbeiten kann, doch das konnte ich nur kaum vernehmbar artikulieren. Meine Frau hat das dann den Ärzten deutlich gemacht. So ist es dann Gott sei Dank auch gekommen.
Zur Person:
Franz-Joseph Huainigg,
geb. 1966 in Kärnten, ist Kinderbuchautor und Medienpädagoge; seit 2002 Behindertensprecher der ÖVP. Huainigg ist an Händen und Beinen gelähmt, auf ein Beatmungsgerät angewiesen und Rollstuhlfahrer.