Zum Hauptinhalt springen

"Ich will nicht die Erste sein, die ein schlechtes Beispiel abgibt"

Von Petra Medek

Wirtschaft

Erste Frau an der Spitze von Ikea Österreich. | Helen Duphorn über Beruf und Familie. | Wien. "Eigentlich wollen wir nur fünf bis sechs Jahre in Österreich bleiben, doch jetzt, wo ich die Alpen gesehen habe ..." Helen Duphorn, neue Country Managerin von Ikea Österreich, lächelt nur verschmitzt, wenn man sie nach ihren langfristigen Plänen fragt. Die 43-jährige Schwedin weiß, dass der Einrichtungskonzern mit seinen Managern nur Fünfjahresverträge vereinbart und die Fürhungskräfte dann ins nächste Land schickt. Eine Verlängerung in Österreich um ein bis zwei Jahre könnte sie sich jedoch jetzt schon vorstellen.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 19 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Gelegenheit die Welt zu sehen

Es macht ihr nichts aus mobil zu sein, im Gegenteil, beteuert sie. "Dieser Job gibt die fantastische Gelegenheit, die Welt zu sehen". Dass langfristige Lebenspläne in diesem Konzept für die ganze Familie nicht möglich sind, stört sie kaum. "Ich habe nie viele Karrierepläne gemacht, und mein Mann und ich haben uns vor zehn Jahren entschlossen, etwas von der Welt sehen zu wollen".

Nachdem Duphorn ihre Karriere bei Ikea im Jahr 1998 als Einkaufsmanagerin in Schweden startete, zog sie mitsamt Ehemann wenig später nach Indien, um diese Position dort auszuüben. Ihre nächste Station war Frankreich, wo sie 2003 stellvertretende Landeschefin wurde. In Österreich löste sie im November 2005 Urs Meier ab, der für Ikea nach Großbritannien ging. Ihrem Sohn Hugo, der während des Indien-Aufenthaltes geboren wurde, gewährt sie durch ihre wechselnden Wohnorte einen "wundervollen Start", findet sie. "Er sieht, dass diese Welt sehr viel zu bieten hat".

Um Haushalt und Kind kümmert sich Helens Ehemann Björn, ehemals schwedischer Regionalpolitiker. Dass sie damit die seltene Ausnahme darstellt, ist ihr bewusst. "Natürlich wäre es sehr schwierig, wenn mein Ehemann einen ebenso guten Job hätte, aber dann ist es ja kaum möglich, dass beide zusammen so viel reisen".

Lob hat sie nicht nur für ihren Ehemann, sondern auch für den Möbelkonzern: "Die Gesellschaft kennt ihre Mitarbeiter, ich habe mich immer unterstützt gefühlt. Und bei Ikea ist es besonders einfach, eine Frau im Management zu sein". Ob sie mehrere Frauen mit einem ähnlichen Karriereverlauf kennt? "Einige wenige - bei Ikea natürlich".

Mehr Männer in Väterkarenz

Der Ausgleich zwischen Beruf und Familie ist der Stockholmerin ein Anliegen. Soviel Zeit wie möglich verbringt sie mit Ehemann und Sohn. Das reicht vom gemeinsamen Frühstück über Segeln in den Ferien bis zum Deutschlernen mit Hugo. "Ich will sicher nicht die erste sein, die mit schlechtem Beispiel voran geht und den Job vorzieht".

Nicht nur privat ist die Vereinbarkeit von Beruf und Familie für sie ein Thema, sondern auch als Ikea-Chefin. "Ich sehe es als meine Verantwortung, Beruf und Familie für alle meine Mitarbeiter vereinbar zu machen.", betont sie. Und steckt sich dabei ehrgeizige Ziele: Mehr Ikea-Mitarbeiter sollen eine Väterkarenz in Anspruch nehmen, wünscht sie sich. Denn für die Schwedin war es "überraschend" zu sehen wie wenig Männer in Österreich eine Auszeit für die Kinderbetreuung in Anspruch nehmen.

Die Väterkarenz wirke sich in mehrfacher Hinsicht positiv aus - nicht nur auf die Partnerinnen der Väter in Babypause, die früher an ihrer Karriere arbeiten könnten. Sondern auch auf die Männer: Diese Mitarbeiter wüssten genau, was man zum Leben und Wohnen mit Kindern braucht - "und das ist schließlich für Ikea ein ganz wichtiges Thema".

Außerdem habe sie als Frau eine größere Verantwortung, mehr Frauen in Führungspositionen zu holen. Vom Festsetzen einer Frauenquote hält sie nichts, eine ausgeglichene Belegschaft sei auf überregionaler Ebene zwar wünschenswert, doch "an einem Standort ist es durchaus möglich, dass das eine oder das andere Geschlecht deutlich überwiegt und die Arbeit trotzdem hervorragend funktioniert".

Konzept besser präsentieren

Mit den Besonderheiten des österreichischen Marktes, seiner Dichte an Einrichtungshäusern und dem starken Konkurrenzkampf macht sie sich gerade vertraut. Als ihre größte Herausforderung sieht sie es, hierzulande Ikea-Möbel als hoch qualitative Produkte in den Köpfen zu verankern. Die Marke werde gut akzeptiert, jedoch gebe es zu wenig Information über das Ikea-System. "Wir müssen unser Konzept besser präsentieren und mehr über Garantien reden".

Wie ihr Vorgänger Urs Meier ist auch die neue Ikea-Chefin eine Verfechterin der Sonntagsöffnung. "In ein paar Jahren wird die Ausdehnung der Öffnungszeiten auf Abende und Sonntage auch in Österreich möglich sein", ist sie sicher. Zeit werde immer knapper, vor allem für Frauen - und diese machen schließlich den Großteil der Ikea-Kundschaft aus. "Ich möchte selbst entscheiden, wann ich die Gelegenheit zu einem Einkauf nutze".

Wo sie nach ihrem Engagement in Österreich landet, ist für sie noch kein Thema. Ob man sich dabei Gedanken macht über die Infrastruktur oder medizinische Versorgung in dem Land, in das sie geschickt wird? "You should never worry too much", schüttelt sie den Kopf und lächelt ein strahlendes Ikea-Lächeln.