CDU, SPD und Grüne streiten über den Umgang mit der Alternative für Deutschland, die vor Wahlerfolgen in drei deutschen Bundesländern steht.
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Mainz/Stuttgart/Wien. Auf den ersten Blick ist es ein starkes demokratiepolitisches Signal: Wir boykottieren die "Elefantenrunde", beschloss die rheinland-pfälzische CDU am Donnerstag. Denn zwei Tage zuvor kündigte der Intendant des Südwestrundfunks (SWR), Peter Boudgoust, an, nur die Spitzenkandidaten der derzeitigen Landtagsparteien SPD, CDU und Grüne würden daran teilnehmen - "mit Zähneknirschen", wie Boudgoust selbst zugab. Politische Intervention liegt also nahe.
Die SWR-Regelung gilt für auch für ein zweites Bundesland, da der öffentlich-rechtliche Regionalsender neben Rheinland-Pfalz auch Baden-Württemberg bedient und dort ein eigenes Programm ausstrahlt. In beiden Bundesländern wird am 13. März ein neuer Landtag gewählt. Beide amtierenden Ministerpräsidenten, der Grüne Winfried Kretschmann in Baden-Württemberg und Malu Dreyer aus Rheinland-Pfalz, weigern sich, mit Kandidaten der nationalkonservativen Alternative für Deutschland (AfD) aufzutreten, die in Umfragen auf 10 beziehungsweise 8 Prozent der Stimmen kommt.
Klöckner will der FDP helfen
Schnell wurde Kritik laut, Kretschmann und Dreyer drängen die AfD mit ihrer Weigerung in eine Opferrolle - in der sich die Partei ohnehin am wohlsten fühlt. Dabei geht es der CDU in Rheinland-Pfalz nicht (nur) um die hehre Frage, wie man mit der AfD umgeht. Sondern um eine Bühne für die liberale FDP, die aufgrund der Regelung ebenfalls nicht teilnehmen darf. Die Liberalen sind jedoch Wunschpartner der konservativen Spitzenkandidatin Julia Klöckner. Allerdings zittert die FDP um den Einzug in den Mainzer Landtag, sie liegt in Umfragen genau bei der Fünf-Prozent-Hürde. "Aus unserer Sicht gehört die FDP ganz selbstverständlich in eine solche Sendung und wir stehen hier an der Seite unseres Wunschkoalitionspartners!", sagt CDU-General Schnieder.
Zum ersten Mal seit 1991 könnte die CDU in Rheinland-Pfalz wieder den Ministerpräsidenten stellen. Julia Klöckner, einst als Weinkönigin belächelt, arbeitet seit Jahren zielstrebig auf das Amt hin. Sie ist mittlerweile auch in der Bundespartei bestens vernetzt und unterstützt Kanzlerin Angela Merkel in der Flüchtlingspolitik bedingungslos: "Einfach mal die Klappe halten", empfahl sie kürzlich Merkels parteiinternen Kritikern.
Bereits überholt hat Klöckner die lange regierende SPD, sie liegt laut Umfragen mit 37 Prozent sechs Prozentpunkte vor den Sozialdemokraten. Allerdings sprechen sich die drittplatzierten Grünen (derzeit 9 Prozent) klar für eine Fortsetzung der rot-grünen Koalition aus. An der AfD will niemand anstreifen. Daher ist die FDP für Klöckner so wichtig.
Auch in Baden-Württemberg bahnt sich eine schwierige Koalitionsbildung an. Im Südwesten sind sich Ministerpräsident Kretschmann und sein CDU-Herausforderer Guido Wolf ebenso einig, dass die AfD nicht paktfähig ist. "Das ist nicht rechtspopulistisch, das ist rechtsradikal", urteilte Kretschmann über Passagen aus dem AfD-Wahlprogramm bei einer Podiumsdiskussion mit Wolf am Mittwoch. Während der Ministerpräsident auf Ignorieren setzt, hat Wolff anderes im Sinn: "Wir müssen die AfD zwingen, Gesicht zu zeigen und sie entlarven." Allerdings bleibt dem Konservativen wenig anderes über, als die zur AfD abwandernden Sympathisanten offensiv zurückzugewinnen. Kretschmann, der sich als Landesvater inszeniert, kann es sich eher erlauben, nationalkonservative und rechtspopulistische Wähler zu ignorieren.
Vergessenes Sachsen-Anhalt
Ignoriert wird die AfD auch vom Mitteldeutschen Rundfunk. In Sachsen-Anhalt wird ebenfalls Mitte März gewählt. Dort sind CSU, SPD, Linkspartei und Grüne zur "Elefantenrunde" geladen. Die AfD erreicht laut Umfragen sogar 15 Prozent. Deren Nicht-Einladung im Osten wird in den überregionalen deutschen Medien und den sozialen Medien vergleichsweise locker hingenommen.