Dass Abermillionen junge afrikanische Männer nach Europa drängen, hat einen hier gerne verdrängten Grund.
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Zu den hohlsten, aber wohlfeilsten politischen Phrasen des diesbezüglich eh nicht gerade ärmlichen Jahres 2017 gehört in ganz Europa zweifellos jene, wonach in den Herkunftsländern, also vor allem in Afrika, der anhaltenden Völkerwanderung gen Europa "die Fluchtursachen an der Wurzel beseitigt" werden müssen. Mal ist damit ein nebuloser neuer Marshall-Plan für Afrika gemeint, mal einfach mehr Entwicklungshilfe, bei helleren Geistern auch schon mal der Kampf gegen die verheerende Korruption.
Politisch haben derartige Phrasen vor allem den Zweck, die notwendigen hässlichen Maßnahmen zur Eindämmung der Migration, vor allem im Mittelmeer, gleichsam in menschenfreundlich tönende unverbindliche Absichtserklärungen zu verpacken und damit ein Stück weit zum Verschwinden zu bringen. Ein Empathie-Schnaps sozusagen, als Verdauungshilfe für die hässlichen Bilder einer demnächst wohl geschlossenen Mittelmeer-Route. Deshalb machen auch all jene Wohlmeinenden in Europa, die so empathisch "Fluchtursachen an der Wurzel beseitigen" wollen, einen ganz gewaltigen Bogen um die mit Abstand wichtigste aller Fluchtursachen: die katastrophal hohe Geburtenrate in den meisten afrikanischen Staaten.
Der Umstand, dass afrikanische Frauen oft ein halbes Dutzend Kinder oder mehr gebären, sorgt dafür, dass dort Abermillionen junger Männer ohne jede Chance auf wirtschaftliches Fortkommen sind und irgendwann nach Norden aufbrechen. Solange Staaten wie Nigeria, aber auch zahllose andere, nicht wie bis vor kurzem China mit einer radikalen Ein-Kind-Politik die Bevölkerungsexplosion in den Griff bekommen, wird die Massenarmut und in der Folge die Massenmigration nicht zu besiegen sein. Das Problem hat schon der eminente österreichische Ökonom Ludwig von Mises schon 1966 erkannt: "Die bewusste Anpassung der Geburtenzahl an das Angebot materieller Möglichkeiten (. . .) ist eine unverzichtbare Bedingung menschlichen Lebens (. . .) und jeder Besserung des Wohlstandes. (. . .) So wie die natürlichen Bedingungen sind, hat der Mensch nur die Wahl zwischen dem erbarmungslosen Kampf aller gegen alle und gesellschaftlicher Kooperation. Aber gesellschaftliche Kooperation ist unmöglich, wenn die Menschen ihrem natürlichen Impuls zur Vermehrung freien Lauf lassen."
Das kleine Problem dabei: Strikteste Geburtenkontrolle lässt sich gerade in Afrika praktisch nur mit den Mitteln einer Diktatur umsetzen wie früher in China, ist bei der Bevölkerung dementsprechend verhasst und daher schwer machbar. Es sei denn, Europa würde Afrikas Regierungen mit sanftem Druck dazu bewegen, Geburtenkontrollen durchzusetzen. Man könnte das durchaus als Form des Neokolonialismus betrachten, freilich mit langfristig ungemein günstigen Folgen sowohl für Afrika als auch für Europa.
Dazu bräuchte es freilich eine politische Klasse in Europa, die sich gegen den absehbaren Widerstand von rechts (wo die Ein-Kind-Politik in der Regel als degoutant gilt) und links (Neokolonialismus geht gar nicht) radikal-pragmatisch hinwegsetzt und in der Folge umsetzt, was dringend nötig wäre: das Problem der Migration tatsächlich "an der Wurzel zu beseitigen", also bei der Geburtenrate in Afrika - und nicht nur davon zu reden.