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Ihr Kinderlein kommet und kaufet doch ein!

Von Christine Zeiner

Wirtschaft

1968 hat es begonnen: Im Zuge der kulturellen Veränderungen seien die Angehörigen der 68er-Generation "kinderorientierter" geworden, sagt Karl Kollmann, Konsumentenschützer in der Arbeiterkammer (AK). Kinder und Jugendliche haben seitdem immer mehr Geld zur Verfügung. In Deutschland ist die Finanzkraft der "Kids" von 2001 bis jetzt um etwa 24% gewachsen. "Das trifft in der Größenordnung sicher auch auf Österreich zu", glaubt Kollmann.


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Die Gruppe der etwa elf Millionen 6- bis 19-jährigen in Deutschland hat derzeit laut "KidsVerbraucherAnalyse" rund 20 Mrd. Euro zur Verfügung. Entsprechende Erhebungen für Österreich gibt es nicht, in Relation zur Einwohnerzahl dürften es hierzulande aber etwa 2 Mrd. Euro sein. Die Kaufkraft der Kinder steige nicht nur in Österreich und Deutschland, sondern generell in den westeuropäischen Ländern, so Kollmann. Er sieht für diese Entwicklung zwei Gründe: "Überspitzt formuliert verbringen die Leute immer weniger Zeit mit ihren Kindern und kaufen sich mit Geld frei." Zum anderen entscheiden Kinder seit 1968 immer mehr bei familiären Geldentscheidungen mit - sei es beim Kauf von Konsumgütern oder bei der Planung des Urlaubsziels.

"Kinder und Jugendliche bringen ihr Pseudo-Expertenwissen ein, sie kennen sich aber nicht wirklich aus", sagt Kollmann im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". Junge Menschen würden das reproduzieren, was ihnen die Werbung und ihre "Peer-Gruppe" (Freunde, Schulkameraden) vorgeben. Ob beispielsweise ein technisches Gerät besser als ein anderes sei, könne ein junger Mensch meist nicht beurteilen, denn "er wird nicht in einem Warentest nachgeschaut haben", meint Kollmann.

Wieviel, woher, wofür

Das Fessel-Gfk-Institut hat im Rahmen der Jugend Online Studie 2002/03 rund 1.000 österreichische Jugendliche im Alter von 14 bis 24 Jahren zum Thema Geld befragt. 23% haben bis zu 50 Euro, 26% mehr als 500 Euro monatlich zur Verfügung. Ausgegeben wird das Geld regelmäßig für Lokalbesuche und fürs Telefonieren. Als Haupteinnahmequellen wurden Verdienst und Taschengeld genannt.

In der bundesdeutschen Studie heißt es, dass 79% der Kinder und Jugendlichen über ein Mobiltelefon verfügen - das ist eine Steigerung um 46% seit 2001. Wenig erstaunlich, dass sich auch die Werbebranche immer stärker an den "Bedürfnissen" der Kinder und Jugendlichen orientiert: Der kleine Bub aus der McDonald's Werbung will lieber Burger statt Spaghetti, und das kleine Mädchen fühlt sich bei Gewitter in einem bestimmten Auto sicherer als zu Hause. Nicht zu vergessen die ORF-Shows "Taxi Orange" und "Starmania": Von der Jausenbox bis zum Duschgel sind alle möglichen Accessoires mit dem jeweils aktuellen Logo erhältlich. Wie sieht es da mit dem gern zitierten Gruppenzwang aus? Christina Luef vom Österreichischen Institut für Familienforschung meint: "Eine gewisse Tendenz zu Gruppen- und Markenzwang ist sicher da. Das wird aber gern überbewertet."