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"Ihr müsst da schärfer vorgehen"

Von Matthias Nagl

Politik
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"Ob ich Überfremdung oder Umvolkung sage, ist völlig egal. Ich lasse mir den Mund nicht verbieten", sagt Karl Schnell.
© Erika Mayer

Karl Schnell hat Stronach unterschätzt und kündigt bei Verlusten Rückzug an.


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Salzburg. Karl Schnell ist der Dauerbrenner unter Salzburgs Politikern. Der 59-Jährige geht zum fünften Mal als FPÖ-Spitzenkandidat in die Landtagswahl am 5. Mai. Die Chancen stünden für die Oppositionspartei aufgrund des Finanzskandals und vorgezogener Neuwahlen eigentlich gut. Doch während sich SPÖ und ÖVP in den Umfragen bei rund 30 Prozent um Platz eins matchen, muss die FPÖ bei rund 15 Prozent Platz drei gegen die Grünen verteidigen. Bei der letzten Wahl 2008 erreichte die FPÖ 13 Prozent.

"Wiener Zeitung": Das aktuelle Hauptthema in Salzburg ist der
Finanzskandal. Sie sind im Wahlkampf unterwegs. Können die Salzburger dieses Wort noch hören?Karl Schnell: Nein, die Bürgerinnen und Bürger haben eigentlich zugemacht. Sie verschließen sich dem Ganzen. Jede Skandalmeldung, die noch folgt, wird nur mehr peripher wahrgenommen. Diese Geschichte stellt für das ganze Land, die ganze Politik eine Katastrophe dar, da brauchen wir uns nichts vormachen.

Sie haben gesagt, Sie beneiden niemanden, der in der Regierung ist. Sie dürften also nicht besonders scharf auf ein Regierungsamt sein.

Ich bin ein Realist. Wer immer nach der Wahl Verantwortung übernimmt, hat eine ganz schwierige Situation. Möglicherweise ein Land, in dem man für die Menschen nicht mehr viel tun kann, weil die Kassen leer sind und möglicherweise ein Land, in dem noch Leichen aus dem Keller zu bergen sind.

Sie selbst führen eine Arztpraxis im Pinzgau. Würden Sie ein Regierungsamt überhaupt annehmen wollen?

Gabi Burgstaller will Landeshauptfrau bleiben, Wilfried Haslauer will mit aller Macht Landeshauptmann werden, die Grünen und das Team Stronach wollen unbedingt in die Regierung. Wer soll dann eigentlich noch die Arbeit im Landtag übernehmen? Eines ist aber auch klar: Sollte mir die Bevölkerung das Vertrauen geben, dann werde ich mich natürlich nicht verschließen.

Gibt es inhaltliche Koalitionsbedingungen?

Das ist auf jeden Fall der Gesundheitsbereich. Der zweite betrifft Sicherheit. Ich bin weder ausländerfeindlich noch rechtsradikal. Doch es kann nicht sein, dass uns eine gewisse Klientel auf der Nase herumtanzt. Ich befürchte, dass gerade durch das Nichtbeachten dieser Entwicklung eine radikale Strömung entstehen kann und das wollen wir alle nicht. Das dritte Thema sind bei uns die Lebenskosten und da vor allem die Wohnungskosten.

Zum Thema Sicherheit haben Sie selbst kürzlich in einem Interview mit dem Wort Umvolkung für Aufregung gesorgt. War das Kalkül, um Aufmerksamkeit zu erzeugen?

Ganz im Gegenteil. Fehlentwicklungen müssen angesprochen werden, damit die Schere zwischen Toleranz und Misstrauen nicht immer größer wird. Ich habe lange darüber nachgedacht, mir fällt kein besseres Wort ein. Ob ich Überfremdung oder Umvolkung sage, ist völlig egal. Es geht um die Probleme und nicht um ein Wort. Ich lasse mir den Mund nicht verbieten und nehme nichts zurück.

Bei der Wahl gibt es mit dem Team Stronach einen neuen Mitbewerber, der der FPÖ in Niederösterreich und Kärnten Stimmen gekostet hat. Macht Ihnen das Sorgen?

Ja, natürlich. Ich sage ganz offen, ich habe das unterschätzt. Allerdings anders als andere. Ich habe in unserer Partei gesagt, passt auf, der Unmut in der Bevölkerung steigt enorm. Ich habe gesagt, ihr müsst da schärfer vorgehen, ihr müsst die Ängste der Bevölkerung wahrnehmen. Da bin ich hängengeblieben mit meiner Meinung. Ich glaube aber, dass es in Salzburg ein bisschen anders ist, weil die Menschen wissen, dass ich meine eigene Person nie geschont habe. Die Leute wissen, dass ich nicht käuflich bin und mich nicht einschüchtern lasse.

Sie haben angekündigt, bei einem Minus vor dem Ergebnis werden Sie sich zurückziehen. Das steht?

Das steht. Wenn in dieser Situation, mit diesem Einsatz, den ich auch persönlich über die Jahre gebracht habe, das Chaoten-Team von Stronach gewählt wird und nicht wir, dann hat man in der Politik nichts mehr verloren. Oder ich habe Fehler gemacht, dann habe ich in der Politik aber auch nichts mehr verloren.

Zur PersonKarl Schnell (59) ist seit 1992 Chef der FPÖ in Salzburg. Seit 1997 ist der Arzt Klubobmann im Landtag. Zuvor saß er von 1992 bis 1997 in der Landesregierung, bevor er aufgrund eines Misstrauensantrags ausscheiden musste. Schnell ist auch Stellvertreter von Bundesparteiobmann Heinz-Christian Strache.