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Ausgetrocknet: Ab Freitag herrscht Alkoholverbot am Wiener Praterstern.
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Wien. Eine Gruppe von Männern steht bei den Bänken am Vorplatz des Pratersterns. In ihren Händen halten sie Bierdosen. Ein ähnliches Grüppchen hält sich beim U1-Ausgang bei den Kebab-Ständen auf. Vereinzelt sieht man Männer mit Alkohol auf der Rückseite in Richtung Venediger Au. Alles geht scheinbar seinen gewohnten Gang am Donnerstagvormittag - einen Tag vor dem vom zukünftigen Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) verordneten Alkoholverbot am Praterstern.
Bezirksrat Josef Iraschko von der Partei Wien anders in der Leopoldstadt hält eine Rede. Er ist sichtlich bewegt: "Der öffentliche Raum gehört allen", sagt er. "Armut, Obdachlosigkeit und Krankheit sollen aus dem Stadtbild wegretuschiert werden. Gesellschaftliche Konfliktpunkte geographisch zu verlagern, löst kein einziges Problem." An die wenigen Anwesenden wird gratis Bier verteilt.
Ab heute, Freitag, ist der Platz zwischen Venediger Au, Hauptallee, Praterstraße und Nordbahnstraße alkoholfreie Zone. "In den öffentlichen Bahnhofs-, Stations- und Haltestellenbereichen samt Zugangswegen des öffentlichen Personennahverkehrs und den angrenzenden öffentlichen Verkehrsflächen und Grünanlagen am Praterstern und im Venediger-Au-Park ist das Konsumieren von alkoholischen Getränken verboten", heißt es in der Verordnung des Magistrats der Stadt Wien. "Wer den Geboten oder Verboten dieser ortspolizeilichen Verordnung zuwiderhandelt, begeht eine Verwaltungsübertretung."
Gestraft werden soll zunächst mit Hinweisen und Verweisen, dann mit Geldstrafen, die zwischen 70 und 700 Euro (bei Wiederholungstätern) liegen können. Die "Wiener Zeitung" hat berichtet. "Man wird sich den Einzelfall anschauen müssen", sagt Polizeisprecher Daniel Fürst am Donnerstag. Ähnlich dem Anti-Gesichtsverhüllungsverbot gäbe es Graubereiche. "Wenn Sie beim Würstelstand ein Bier trinken oder am Praterstern Alkohol kaufen, und diesen im Sackerl mit sich führen, wird niemand etwas sagen", so Fürst. Eine Bierdose öffnen und mitten am Praterstern große Schlucke nehmen, gehe aber nicht mehr, egal ob man erfolgreicher Unternehmer oder Obdachloser ist.
Das Alkoholverbot ist nicht unumstritten. Was für Ludwig, die Wiener Polizei, ÖVP und FPÖ eine Handhabe sein soll, gewalttätigen Gruppen Herr zu werden, ist für die Grünen, die Neos und so manchen Suchtexperten sinnlos und ziehe bloß eine Verlagerung mit sich. Christoph Stoik von der FH Campus Wien, ist gegen ein Verbot. Der Professor mit Schwerpunkt für soziale Arbeit im öffentlichen Raum hält soziale Maßnahmen wie niederschwellige Arbeit vor Ort, für sinnvoller. "Wien ist eine der sichersten Städte der Welt. Die Situation am Praterstern hat sich in den vergangenen Jahren massiv beruhigt", sagt er. Warum gerade dieser Platz mit Angst assoziiert wird, sei viel mehr der Politik und den Medien geschuldet. "Wenn an einem Hotspot ein Verbrechen passiert, so wird das viel stärker betont, als wenn dasselbe Verbrechen in Hietzing oder Währing passiert", sagt er.
Michael Musalek, Ärztlicher Leiter am Anton-Proksch-Institut, wiederum spricht sich für das Alkoholverbot aus: Je schlechter Alkohol verfügbar ist, desto geringer sei der Konsum, sagte er im Ö1-Interview.
Rückgang von Strafhandlungen
Die Polizei bestätigt, dass strafbare Handlungen am Praterstern "grundsätzlich zurückgegangen" sind. Dennoch habe es in den vergangenen drei Monaten rund 50 Fälle gegeben, bei denen Alkohol im Spiel war. Daher sei die Verordnung sinnvoll.
Wer glaubt, dass nur das offensichtliche Trinken betroffen ist, der irrt. Auch das bloße Mitführen von Flaschen kann kontrolliert werden. Diese seien auf Verlangen auszuhändigen. Man weiß also, was zu tun ist, wenn es in Zukunft nicht nur "Fahrschein, bitte", heißt, sondern auch "Ihre Flasche, bitte!"