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Ihre Majestät hat gnädigst pardoniert

Von Edwin Baumgartner

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Nein, so eine Gnad’, indeed, die sich Her Majesty da abgerungen hat, 61 Jahre nach dem abscheulichen Verbrechen. Ma’am also sprach zum 24. Dezember 2013 ein "Royal Pardon" an Alan Turing aus. Seine Schuld, dass er davon nichts mehr hat, was ist er auch am 7. Juni 1954 gestorben? Hat er damals Ma’am gefragt, ob darf? Na eben... Verbrecher bleibt eben Verbrecher.

Was Mr. Turing verbrochen hat? - Homosexualität. Schwul. Das war im damaligen Großbritannien unter Strafe gestellt. Na schön, der britische Meisterkomponist Nummer eins, Benjamin Britten, war auch schwul, und jeder hat’s gewusst, Queen inklusive. Sie hat’s sogar so gut gewusst, dass sie nach Brittens Tod seinem Lebensgefährten Peter Pears kondoliert hat. Aber Künstler sind Künstler, ein wenig von dem, was Sir und Madam (Ma’am) "disgusting" nennen, gehört da nachgerade dazu, da fällt nicht der Koh-i-Noor aus der Krone. Aber Turing - ein Verbrecher halt.

Das wäre er, nebenbei bemerkt auch für jene gewesen, und zwar just desselben Deliktes wegen, zu deren Niederlage er maßgeblich beigetragen hat: Turing nämlich hat den Enigma-Code der Nationalsozialisten entschlüsselt und damit deren U-Boote von Jägern zu Gejagten gemacht.

Eine kriegs(mit)entscheidende Leistung, eines Adelstitels würdig. Stattdessen gab’s für den Mathematiker die Wahl zwischen Haft und chemischer Kastration. Turing entschied sich für Zweitgenannte, verfiel in Depressionen, sein Tod war aller Wahrscheinlichkeit nach ein Suizid.

Und jetzt danken wir Ma’am für solchen Gnadenerweis.

Tun wir doch, oder?