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"Ihre Stimme wird nicht gehört"

Von Alexia Weiss

Politik

Rapper El General als Proteststimme in Tunesien. | Pop aus dem Iran, Metal aus Syrien mit brisantem Text.


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Wien. "2011 sterben Menschen immer noch an Hunger. Sie möchten arbeiten, um zu überleben, aber ihre Stimme wird nicht gehört", singt der tunesische Rapper El Général auf Arabisch in seinem Protesttrack "Rayis li-Blad" (Staatsoberhaupt). El General, das ist der 22-jährige Pharmazie-Student Hamada ben Amor. Seit 2008 schreibt er Raptracks, auch mit religiösem Inhalt, wo es dann auch schon einmal heißen kann, dass ein Muslime Juden nicht akzeptieren dürfe, sagte die Wiener Orientalistin Ines Dallaji-Hichri am Freitag bei einem Symposium zum Thema Popkultur an der Uni Wien.

Unter Machthaber Ben Ali durften Musiker wie er weder öffentlich auftreten noch CDs produzieren. Die Stücke zirkulierten nur in Sozialen Netzwerken. Auch "Rayis li-Blad" veröffentlichte El Général auf seinem Facebook-Account. Das Stück verbreitete sich so rasch, dass die Behörden es nicht mehr stoppen konnten. Der Rapper wurde inhaftiert, aber nach drei Tagen wieder freigelassen. Längst war er zur Stimme des tunesischen Protests geworden.

Bald in Wien zu hören

Inzwischen wird der Track von Radiostationen weltweit gespielt und der Rapper trat bereits in Europa, etwa in Frankreich und Deutschland, auf. Am 14. Oktober ist ein Konzert in Wien, im Ost Klub, geplant. Wird seine Musik in tunesischen Emigranten-Communities gehört? Dallaji-Hichri sieht das Interesse eher insgesamt bei arabischsprechenden Jugendlichen sowie bei westlichen Medien, für die der Rapper die tragende Figur einer neue Protestkultur ist.

Durchaus identitätsstiftend dagegen ist das Genre Pop-Bandari für Exiliraner. Hierbei handelt es sich um eine Fusion zwischen der aus dem Süden Persiens stammenden Tanzmusik Bandari und westlicher Popmusik. Die Anfänge gehen auf Vorrevolutionszeiten zurück, sagt Babak Nikzat (Musikethnologe an der Universität für Musik Graz). Typisch sind die Texte auf Farsi und der durch Dudelsäcke vorgegebene Rhythmus.

Nach der Revolution war öffentlicher Gesang zunächst verboten. Heute dürfen Männer als Solisten und Frauen zumindest in Chören singen. Pop-Bandari wird sowohl im Iran selbst, unter entsprechender inhaltlicher Zensur, und im Exil - dabei vor allem in Nordamerika, aber auch in Europa - produziert. Bands, die aus dem Exil agieren, bieten ihre im Iran verbotenen Songs im Internet zum Download an, außerhalb des Iran werden die Alben kostenpflichtig und auch auf CDs vertrieben.

Der Unterschied liegt aber vor allem in der musikalischen Herangehensweise: Während Musiker aus dem Iran die Traditionen pflegen und vor allem den Dudelsack verwenden, reicht Pop-Bandari-Interpreten im Exil die iranische Note. Hier kommt der Synthesizer zum Einsatz, der so tut, als spiele er Dudelsack.

Zu Pop-Bandari (zum Beispiel von Shahram K) tanzt man zu Feiern wie Hochzeiten, erzählt Nikzat.

Kaum in einem österreichischen Lokal zu hören sein wird Heavy Metal aus Syrien. Die Szene entwickelte sich bereits in den achtziger Jahren und war dort auch bis in die neunziger Jahre geduldet, wenn auch nur im privaten Rahmen, so der gebürtige Syrer Mohammad Magout (Universität Leipzig). Seit 15 Jahren allerdings geht man gegen Metal-Fans vor: Das Tragen von einschlägigen T-Shirts kann bereits zu Repressalien führen.

Die Argumentation dagegen lehne sich interessanterweise an einschlägige Publikationen aus den USA an, so Magout: Sexuelle Freizügigkeit, Homosexualität, aber auch Nekrophilie werden mit der Musik in Verbindung gebracht ebenso wie Gewalt, Satanismus und Drogen.

Arabischer Metal wurde in Syrien die längste Zeit auf Englisch gesungen, betonte Magout. Vorbild war Heavy Metal aus den USA. Bekannte syrische Bands sind Absentation und The Hourglass. In jüngster Zeit gebe es aber auch Bands, die auf Arabisch singen und Einflüsse aus der traditionellen Musik des Landes einfließen lassen.