Höhere Teuerungsrate bei Besserverdienern, aber bei niedrigen Einkommen stärker spürbar. Wifo sieht zudem Eintrübung der Konjunktur.
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Wien. Die Teuerung in Österreich betrug im Juli durchschnittlich 9,2 Prozent. Die Inflation bekommen aber die Haushalte unterschiedlich stark zu spüren - abhängig vom Haushaltseinkommen und den Konsumgewohnheiten. Zu diesem Schluss kam eine Untersuchung des Instituts für Höhere Studien (IHS), basierend auf einer Konsumerhebung und Daten der Statistik Austria.
Bisher waren niedrigere Einkommen stärker von der Inflation betroffen, wenn etwa Lebensmittelpreise oder Mieten die Haupttreiber waren. Das hat sich in der aktuellen Krise etwas geändert. Laut IHS ist das oberste Einkommensdezil von einer Inflationsrate von 8,4 Prozent betroffen. Das sechste Einkommensdezil sei mit 9,3 Prozent am stärksten betroffen, während Haushalte im untersten Einkommenszehntel eine effektive Teuerungsrate von 7,5 Prozent zu spüren bekommen.
Das liegt vor allen an den hohen Energiepreisen, die aktuell die stärksten Inflationstreiber sind. Naturgemäß spüren Haushalte und Personen, die öfter mit dem Autofahren, die hohen Spritpreise viel stärker, als Menschen, die kein Auto besitzen oder mit dem Rad und den Öffis fahren.
Dennoch spüren Geringverdiener die Auswirkungen der Inflation deutlich stärker als Besserverdiener. "Einkommensschwächere Haushalte haben tendenziell niedrigere Sparquoten und sind daher eher gezwungen, mit Konsumverzicht auf hohe Preissteigerungen zu reagieren", so IHS-Experte Sebastian Koch.
Um die sozialen Folgen für von Armut gefährdete Haushalte abzufedern, spricht sich das IHS in seinem Policy Brief für Direktzahlungen an Betroffene aus. Direktzahlungen oder Transferleistungen an Haushalte in prekären Situationen seien gegenüber Steuersenkungen oder anderen staatlichen Eingriffen in den Preismechanismus vorzuziehen. Breitenwirksame Maßnahmen hätten nämlich den Nachteil teuer zu sein und die Inflation womöglich weiter zu befeuern. Gezielte Zahlungen seien hingegen "treffsicher" und würden dort ankommen, wo sie tatsächlich gebraucht würden.
Getrübte Aussichten
Indes beschreibt das Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo) in seinem wöchentlichen Wifo-Wirtschaftsindex düstere Aussichten für die heimische Wirtschaft. Nachdem die Wirtschaftsleistung im ersten Halbjahr trotz Krieg und steigender Infaltion kräftig gewachsen ist, trüben sich die Konjunkturerwartungen der Unternehmen für das zweite Halbjahr deutlich ein. Und auch das BIP-Wachstum verlangsamte sich im Juli gegenüber dem Vormonat.
Laut Wifo wuchs die heimische Wirtschaft im Juli um 2,2 Prozent nach 2,7 Prozent im Juni und 5,1 Prozent im Mai. "Im Juli trübten sich die Konjunkturerwartungen der heimischen Unternehmen auf breiter Basis ein", so die Autorin des aktuellen Konjunkturberichtes Sandra Bilek-Steindl.
Während heimische Betriebe die aktuelle wirtschaftliche Situation noch als relativ gut und sicher bewerten, blicken sie weniger optimistisch in die Zukunft. Einerseits sind international agierende Betriebe noch immer von den unterbrochenen Lieferketten infolge der Pandemie betroffen. Zudem sind die Rohstoffpreise und Energiekosten in den letzten Monaten stark gestiegen. Die Unsicherheiten rund um die Gaslieferungen aus Russland und mögliche Engpässe bei der Energieversorgung verschärfen die Situation zusätzlich.
Die gesamtwirtschaftlichen Erwartungen der Unternehmen sind auf das Niveau vom Sommer 2020 abgesackt. Das ist nicht nur in Österreich der Fall, sondern in der gesamten EU. Der von der Europäischen Kommission veröffentlichte Indikator der wirtschaftlichen Einschätzung (ESI) für den Euro-Raum ging im Juli auf breiter Basis zurück. Der Ifo-Geschäftsklimaindex für Deutschland sank im Juli auf den niedrigsten Wert seit Juni 2020.
Auch die hohe Inflation führt zu einer Verschlechterung der allgemeinen Geschäftslage. Parallel dazu sank das heimische Konsumentenvertrauen (laut Europäischer Kommission) im Juli auf den tiefsten Wert seit Beginn der Erhebung im Jahr 1995. Getrieben wurde diese Entwicklung von einer drastischen Verschlechterung der Erwartungen zur allgemeinen Wirtschaftslage.
Die gute Nachricht ist hingegen, dass die gegenwärtige Krise (noch) nicht auf dem Arbeitsmarkt zu spüren ist. Saisonbereinigt betrug die Arbeitslosenquote im Juli 6,3 Prozent. Die Beschäftigungsquote, also die Anzahl an Arbeitsplätzen, ist hingegen wieder etwas gestiegen. Viele heimische Betriebe klagen über einen akuten Fachkräfte- und Personalmangel.(del)