Zum Hauptinhalt springen

Illegaler Datentransfer

Von Martin Sattler

Wirtschaft
Fluglinien, die ihre Passagierdaten nicht melden, droht Landeverbot. Foto: bilderbox

EuGH kippt | Abkommen mit USA. | Problem des | Datenschutzes aber nicht geprüft. | Wien. Gestern, Dienstag, hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschieden, dass die Übermittlung von Fluggastdaten an US-Behörden rechtswidrig ist. Der Gerichtshof erklärte entsprechende Beschlüsse des Ministerrates und der Kommission für nichtig und folgte damit einer Klage des Europaparlaments. Grundlage des Datentransfers ist ein Abkommen zwischen der EU und den USA vom Mai 2004, mit dem die Europäische Union die Übermittlung an US-Stellen durch die Fluggesellschaften genehmigt hatte. Das Abkommen stützt sich auf keine rechtliche Grundlage, so die Richter, darf aber noch bis Ende September angewendet werden. Auf die datenschutzrechtlichen Bedenken des EU-Parlaments ist der Gerichtshof allerdings nicht explizit eingegangen.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 18 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

9/11-Terroranschläge gaben den Anstoß

Als Folge der Terroranschläge vom 11. September 2001 hatten die USA beschlossen, die Daten aller Passagiere, die in die USA reisen oder diese überfliegen, zu kontrollieren. Dazu forderten sie die Fluggesellschaften auf, die bei der Flugreservierung gespeicherten Informationen den US-Behörden zur Verfügung zu stellen bzw. den selbständigen Zugriff auf die Buchungssysteme der Airlines, in denen sich die "Passenger Name Records" befinden, zu ermöglichen. Bis spätestens 15 Minuten vor Abflug waren vor allem Name, Adresse, Telefon- und Kreditkartennummer sowie die Essensbestellung für den Flug zu übermitteln. Weigerte sich eine Fluglinie, so drohte ein Pönale von bis zu 4900 Euro pro Passagier bzw. der Entzug der Landerechte. Schon damals hatte die EU-Kommission Bedenken, dass diese Vorgehensweise mit dem Gedanken des Datenschutzes nicht vereinbar ist, und strebte daher ein eigenes Abkommen mit den USA an. Nach langem Tauziehen einigten sich EU und USA schlussendlich im Mai 2004 darauf, dass europäische Fluglinien den US-Behörden Angaben zu jedem Passagier übermitteln müssen, darunter Name, Adresse, Zahlungsform und Telefonnummer.

EU hat Kompetenzen überschritten

Genau dieses Abkommen hat der EuGH nunmehr wegen fehlender Rechtsgrundlage für nichtig erklärt. Die Verarbeitung der Passagierdaten zur Bekämpfung des Terrorismus sei von der europäischen Datenschutzrichtlinie nicht gedeckt, so die Richter in der Begründung. Die Richtlinie umfasst die Datenverarbeitung im Zuge gewerblicher Tätigkeit und nicht zur Sicherung der Öffentlichkeit. Die Organe der Europäischen Union haben somit ihre Befugnisse überschritten. Wegen der Rechtssicherheit bleibt das Abkommen aber bis Ende September aufrecht. "Jetzt geht es darum, dass in den kommenden vier Monaten ein neues Abkommen zwischen der Europäischen Union und den USA abgeschlossen wird, das sowohl Rechtsklarheit schafft, die Aufrechterhaltung des bestehenden Flugverkehrs sichert und auch den grundrechtlichen Datenschutz für die Passagiere gewährleistet", erklärt Verkehrsstaatssekretär Helmut Kukacka.

Für Fluggäste bleibt alles beim Alten

Für die Passagiere wird sich vorerst nichts ändern. Wegen der Gefahr, die Landerechte zu verlieren, werden die Airlines auch weiterhin die US-Behörden mit den gewünschten Daten beliefern müssen.