Dass das Beschallen des Bauches in der Schwangerschaft, klügere Kinder hervorbringt - diese These haben Wissenschafter vor einiger Zeit widerlegt. Der sogenannte "Mozart-Effekt", der auch der Klassik-CD-Industrie einen kleinen Aufschwung beschert hatte, wurde zum Mythos. Um als Musikland neue Argumente für die positive Wirkung von Klängen zu etablieren, hat man das Attribut Kultur-Nation jetzt einfach mit dem der Wein-Nation verschmolzen. Zwei Fliegen mit einer Klappe.
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Man berieselt statt Ungeborenen nun Unvergorenes; lässt Schallwellen auf heranreifenden Wein los. Der Effekt auf den Gärungsprozess ist laut Önologen einzigartig. Der Wein schmeckt nicht nur besser, er ist auch bekömmlicher. Und weniger Zucker hat er auch. Der Wein scheint damit endgültig beim Prädikat Heilmittel angekommen zu sein.
Die Auswirkungen sind gravierend: Weinkultur erhält mit diesem Projekt eine völlig neue Bedeutung. Weinkenner können sich damit auch als Musikkenner outen, denn jeder Wein erhält bei dieser Methode seine unterschiedliche musikalische Note. Was völlig neue, ungeahnte Möglichkeiten für ungefährliche "Wett-en, dass.. ?"-Beiträge beinhaltet: Der Kandidat erkennt am Geschmack des Weines die Musik, mit der er beschallt wurde. Zudem verändert das Verfahren das Vokabular von Weingesprächen grundlegend. Schmeckt am Gaumen nach Mozart, aber im Abgang doch eher nach Janis Joplin.
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Kommentar
Von
Judith
Belfkih