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Im Audimax probt die Welt

Von Reinhard Göweil

Leitartikel

Den studentischen Audimax-Besetzern geht es um Gerechtigkeit. Nun erleben sie, wie biestig diese Gerechtigkeit sein kann. Die Obdachlosen, die sich bei ihnen eingefunden haben, sind Ausländer, vor allem aus Osteuropa. Sie fallen durch die Maschen des Sozialnetzes, weil das Gesetz (und die EU selbst) "Sozialtourismus" innerhalb der Union vermeiden möchte.


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Wer in Rumänien obdachlos ist, kann sich in Wien tatsächlich eine bessere Schlafstelle erhoffen. Um die Hoffnung zu zerstören, verweigern EU-Länder die Betreuung von Obdachlosen aus anderen Mitgliedsländern.

Was ist nun gerecht? Die Vermeidung von "Sozialtourismus", oder die Hilfe für Obdachlose, egal woher sie kommen? Nun, in Wahrheit beides.

Die Erkenntnis bringt nix, denn bei diesen Außentemperaturen eine Nacht im Freien zu verbringen ist für Obdachlose aus Polen nicht weniger gesundheitsgefährdend als für österreichische Staatsbürger. Irgendwas müssen sich die Stadt Wien und die privaten Hilfsorganisationen einfallen lassen - auf der Uni können die Menschen nicht bleiben.

Die Studierenden sind mit ihrem Protest damit einem Missstand auf die Spur gekommen, der ihrem eigenen gar nicht so unähnlich ist: Viele Deutsche, deren Notendurchschnitt im Heimatland ein Studium verhindern würde, weichen nach Österreich aus und füllen hier die Hörsäle. Bildungs-Tourismus also. Für nationale oder städtische Einrichtungen ist das kaum noch zu handhaben. Die Betroffenen selbst - egal ob Obdachloser oder Student - können eigentlich auch nichts dafür.

Im Sozial- wie im Bildungs-Tourismus, der sich im Audimax derzeit fokussiert, wird eindrucksvoll bewiesen, dass die Europäische Union bisher viel zu feig war. Zur Bewegungs-Freiheit innerhalb Europas gehören - genau für solche Beispiele - ordentliche europäische Ausgleichsmechanismen. Deutschland soll Österreichs Universitäten mitfinanzieren. Und der Regionalfonds der EU - bald unter Leitung von Johannes Hahn - soll für eine adäquate soziale Betreuung in den ärmeren Ländern sorgen. Bisher meinte die EU: Okay, das geht uns nichts an, wohlverpackt in Richtlinien. Werner Faymann hat vom sozialen, solidarischen Europa gesprochen. Im Wiener Audimax zeigen sich gleich zwei Betätigungsfelder dafür.