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Es war, wie deutsche Feuilletonisten gern schwärmen, ein Glücksfall. Mitten im Explosionsgewitter eines Action-Blockbusters auf die Fernbedienung gedrückt - und da war sie plötzlich: die totale Kontemplation. Die Harmonie. Ja: Das Seelenheil. Mögen es Buddhisten auch erst nach den Strapazen unzähliger Leben erlangen: Meinereiner hat es auf dem Kabel-Kanal W24 entdeckt. Kein Nichts, allerdings: Nacht für Nacht offenbart sich hier aus Fahrersicht, wie die öffentlichen Verkehrsmittel ihren unspektakulären Dienst in Wien versehen - unter besonderer Berücksichtigung der Straßenbahnen: Nur dann und wann wird ihr unaufgeregter Betriebston unterbrochen. Durch das widerwillige Quietschen in der Kurve. Und das obligate Bimm! in der Station.
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Nun ist diese Sendung - "Nachtschiene" heißt sie - schon ein alter Hut. Doch weil solchen Medienkuriosa selten ein langes Leben beschieden ist und zweitens bereits ein Datenschutz-Kämpfer dagegen auftritt (nicht ohne Grund: Wer fragt schon all die Passanten, ob sie bei Kontemplations-TV mitmachen wollen), darum also an dieser Stelle noch eine kräftige Lobeshymne. Auf eine Nacht-Sendung, die das Hohelied auf die Gleichförmigkeit des Lebens singt; die das Ereignisarme zum Ereignis, das Monotone zur mystischen Erfahrung macht. Ein modernes "Panta rhei", das selbst Wiens hässlichste Flecken in Gleichgültigkeit taucht. Und das nicht zuletzt uns, den zur Flexibilität verdammten Arbeitsmenschen, Sicherheit schenkt. Bis wir im virtuellen Simmering aussteigen.