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Partytiger kennen Speed oder Crystal Meth als Modedroge - leistungssteigernd, euphorisierend und meist billiger und leichter aufzutreiben als Kokain. Arte beschäftigte sich am Samstag in der Doku "Schlaflos im Krieg" ausführlich mit dem Siegeszug der tückischen Droge, die ihre ersten Höhenflüge im Zweiten Weltkrieg erlebte: als Aufputscher für belagerte Soldaten, Jagdflieger oder U-Boot-Kommandanten, für die wach zu bleiben eine Überlebensfrage war.
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Grundstoff war das Methamphetamin-Präparat Pervitin, vom Marburger Pharmakonzern Temmler ab 1938 produziert und bald prophylaktisch an die Soldaten ausgegeben. Je grausamer der Krieg tobte, desto verbreiteter wurde der Pervitin-Verbrauch. Die ständige Einnahme blieb nicht ohne Folgen: Schlaflosigkeit, Depression, Abmagerung, Herzkrankheiten und vor allem Entzüge waren an der Tagesordnung. Mediziner hatten die Gefahr längst erkannt - die 1941 eingeführte Rezeptpflicht galt aber nicht für das Heer, das bis Kriegsende enorme Mengen aufputschender Drogen verbrauchte.
Natürlich pumpten auch andere Armeen, allen voran die US-Air Force, ihre übermüdeten oder frustrierten Kämpfer mit Drogen voll. Nach dem Krieg entwickelte sich mit den riesigen Armee-Restbeständen ein florierender Morphium- und Speed-Schwarzmarkt, denn viele Soldaten kehrten süchtig heim. Selbst der Spitzensport funktionierte bis 1968 mit Pervitin; die amerikanischen GIs in Vietnam schluckten es genauso wie die Mauerbewacher der DDR-Volksarmee. Hersteller Temmler ist bis heute ein florierender Pharmakonzern. Als illegale, aber weit verbreitete Partydroge sorgt Speed für Krieg in den Organen der Konsumenten - nicht selten bis zur bedingungslosen Kapitulation.