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Im falschen Film - Ärztekammer über die "geheime" Reform

Von Ernest G. Pichlbauer

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Dr. Ernest G. Pichlbauer ist unabhängiger Gesundheitsökonom und Publizist.

Die Oberösterreichische Ärztekammer "informierte" ihre Ärzte via Rundschreiben über die Gesundheitsreform.


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". . . worum es der Politik mit der geplanten Gesundheitsreform wirklich geht: Um massive Einsparungen auf dem Rücken der Patienten, um exorbitante Kostensenkungen auf dem Rücken der Ärzte und um eine zentrale Steuerung des Gesamtsystems durch anonyme Gesundheitsbürokraten unter Ausschaltung der bisherigen Gesundheitssystempartner. Kurz: es geht um die totale Verstaatlichung des Gesundheitssystems ohne Rücksicht auf Verluste." (. . .)

"Gerade auch die bisherige Geheimhaltung der Pläne sowie die Geschwindigkeit, die die ansonsten träge Politik und Staatsverwaltung bei der gesetzlichen Umsetzung dieser Maßnahmen an den Tag legt (Anm.: Termin steht seit 2007 fest, ist auch im Regierungsprogramm), zeigt klar auf, dass hier auch die Überrumpelung der Patienten aber auch der Leistungserbringer im Gesundheitswesen versucht wird. Bevor Widerstand organisierbar ist, soll bereits alles über die Bühne sein. Es gilt daher, jetzt aufzustehen und ein klares und deutliches Signal zu setzen, dass sich die Ärzte und die ärztliche Standesvertretung nicht überrumpeln lassen (. . .). Wir wollen und werden daher mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln die Bevölkerung auf die bisher geheim gehaltenen Pläne und Maßnahmen aufmerksam machen, wir werden die damit verbundenen negativen Konsequenzen (. . .) in aller Deutlichkeit in der Öffentlichkeit publik machen. (. . .) Wir werden die Verstaatlichung und Verbürokratisierung des Gesundheits-

wesens auf allen Ebenen bekämpfen. Und wir lassen uns als Ärzteschaft nicht unserer Mitspracherechte bei der Gestaltung des Gesundheitssystems berauben." (. . .) "Um diese Ziele zu erreichen, ist jedoch Widerstand, rasch, gezielt und unter vollem Einsatz aller Oö. Ärztinnen und Ärzte notwendig. Wir brauchen daher jeden einzelnen Arzt, um mit voller Kraft gegenüber der Gesundheitspolitik auftreten zu können. Denn jetzt geht es ums Ganze, (. . .) wenn notwendig, werden wir auch vor Kampfmaßnahmen nicht zurückschrecken (. . .)."

Danach interpretiert die Ärztekammer detailliert die "wichtigsten und einschneidendsten" Reformvorschläge. Dazu ist festzuhalten, dass diese Interpretationen nicht nachvollziehbar sind. Aber es geht ja wohl eher um Agitation denn um Information, was man auch aus solchen Aussagen schließen kann:

"Nach dem Willen der sog. ,Gesundheitsreformer‘ sollen alle wesentlichen Entscheidungen im Gesundheitswesen von der ,Zentrale Wien‘ aus gesteuert werden. (. . .) D.h. nicht der Patient, nicht der ärztliche Sachverstand und auch nicht medizinische Notwendigkeiten entscheiden über die Leistungserbringung, sondern nichtärztliche Bürokraten am grünen Tisch in Wien."

Na bumm! Man möchte meinen, ein paar totalitäre Wiener wollen eine Diktatur errichten und die Ärztekammer ist der Rettungsanker der Demokratie.

Was lernt man daraus: 1. Es ist in einer Demokratie blöd, Gesundheitsreformen hinter verschlossenen Türen vorzubereiten. 2. Es ist noch blöder, die Interpretationshoheit "geheimer Gesundheitsreformen" der Ärztekammer zu überlassen.