Die Suche nach der Leitung der künftigen EU-Staatsanwaltschaft wird zu einem Kräftemessen zwischen Ländern und EU-Parlament.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 5 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Laura Kövesi darf wieder ihr Land verlassen. Die Juristin hatte vor Rumäniens Oberstem Gericht gegen die Reisebeschränkungen und die Polizeiaufsicht geklagt, unter die sie gestellt worden war. In Bukarest wird gegen die ehemalige Korruptionsbekämpferin wegen Vorwürfen der Korruption ermittelt. In Brüssel wiederum ist Kövesi eine Anwärterin auf einen Topposten: Sie könnte die erste Leiterin der neuen EU-Staatsanwaltschaft werden.
Doch das Tauziehen um die Besetzung des Amtes ist zum europäischen Politikum geworden. Die rumänische Regierung, die dafür gesorgt hatte, dass Kövesi 2018 vorzeitig den Vorsitz der Antikorruptionsbehörde DNA abgeben musste, ist gegen die Bestellung. Das Gremium der Mitgliedstaaten, der Rat, hat denn auch einen anderen Favoriten für den EU-Job: den Franzosen Francois Bohnert. Das EU-Parlament aber bevorzugt Kövesi.
Das führte diese Woche zu einer Pattstellung. Da jede Seite auf ihrem jeweiligen Kandidaten bestand, mussten die Vertreter der Länder und des Abgeordnetenhauses ihre Gespräche fürs Erste abbrechen.
Der Rat bedauerte dies per Aussendung und wies darauf hin, dass die künftige EU-Staatsanwaltschaft eine "erfahrene und unabhängige" Person an der Spitze brauche, die innerhalb von sieben Jahren vor allem die Strukturen der Behörde aufbauen solle.
Diese Anforderungen erfülle Kövesi sehr wohl, meint das Verhandlungsteam des Parlaments. Die Mandatare werden nicht akzeptieren, dass sich die anderen Länder dem Druck Rumäniens beugen. Die Regierung in Bukarest wolle Kövesi einschüchtern, lautet der Vorwurf aus der Volksvertretung.
Ein weiterer ist, dass die Ermittlungen gegen die Juristin politisch motiviert seien. Denn einige Anschuldigungen, geäußert von einem Ex-Abgeordneten, der sich abgesetzt hat, wurden bereits entkräftet. Kövesi hatte sich auch im Ausland ein Renommee erarbeitet, nachdem die DNA Verfahren gegen hochrangige Politiker angestrengt hatte.
Die sozialliberale Regierung will nun eine umstrittene Justizreform durchsetzen, die unter anderem eine Amnestie für bestimmte Vergehen vorsieht, von der unter Korruptionsverdacht stehende Amtsträger profitieren könnten. Die Änderungen schüren außerdem Befürchtungen, dass die Unabhängigkeit der Justiz gefährdet sein könnte.
All das macht das Ringen um die EU-Generalstaatsanwaltschaft so brisant. Würde Kövesi das Amt übernehmen, hätte sie auch künftig mit Korruptionsbekämpfung zu tun. Die Behörde soll ab dem kommenden Jahr Vergehen gegen die finanziellen Interessen der EU - also Steuerbetrug oder eben Korruption - untersuchen. Beteiligt an ihr sind übrigens 22 Mitgliedstaaten: Neben Großbritannien und Irland halten sich derzeit auch Polen, Ungarn, Schweden und Dänemark zurück.
Die verbleibenden Länder müssten sich mit dem EU-Parlament aber erst einmal auf die Leitung der Staatsanwaltschaft einigen. Drei Verhandlungsrunden hat es bereits gegeben, weitere Gespräche haben die Ländervertreter für kommende Woche angeboten. Sollten diese wieder platzen, könnte sich die Postenbesetzung verzögern - bis nach der EU-Wahl Ende Mai.