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Plus von 3,7 Prozent nicht legal abwendbar. | Nächstes Jahr wohl keine EU- Gehaltserhöhungen. | Brüssel. Der Streit um die Gehaltserhöhungen für die EU-Beamten überschattete auch den gestern, Donnerstag, begonnenen EU-Gipfel. Erwartet wurde, dass einige Staats- und Regierungschefs das Thema ansprechen werden. Während der Sprecherdienst der EU-Kommission zunehmend ratlos agiert, nehmen die Betroffenen die Sache jetzt selbst in die Hand: Den Auftakt machen sie mit einem Warnstreik am Montagvormittag im EU-Ratsgebäude, wo sich zeitgleich die Landwirtschaftsminister der Mitgliedsstaaten treffen.
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Sollten sich die Dolmetscher dem Streik anschließen, dürfte es schwierig werden, die geplanten Verhandlungen über Tierschutz und Holzhandel in 23 Amtssprachen zu führen, wie vorgeschrieben.
Ungünstiger Zeitpunkt
Nur wenn die EU-Botschafter bei ihrer neuerlichen Sitzung heute, Freitag, noch einlenken und die 3,7 Prozent plus durchwinken, könnte vom Streik abgesehen werden, sagte Wolfgang Entmayr zur "Wiener Zeitung". Der politische Sekretär der EU-Beamtengewerkschaft Conf-SFE räumt zwar ein, dass die Erhöhung angesichts der Krise zu einem ungünstigen Zeitpunkt kommt. Allerdings sei die Darstellung des Problems "nicht sehr ausgewogen". Die 3,7 Prozent sähen unglücklich aus, das liege aber an der zeitlichen Verzögerung, mit der die Beamtengehaltsabschlüsse von acht ausgewählten Mitgliedsstaaten nachvollzogen werden. Die gesetzliche Grundlage für die Erhöhung, der Beamtenstatut, sei schließlich von den Mitgliedsstaaten selbst beschlossen worden. Und wenn die EU-Länder sich nicht an die Gesetze halten wollen, die sie selbst beschlossen hätten, "muss man sich fragen, welche Gesetze sonst noch gebrochen werden", sagte Entmayr. Es handle sich um eine Frage der Rechtssicherheit.
Tatsächlich hat selbst der juristische Dienst der Mitgliedsstaaten bestätigt, dass es keinen legalen Weg an den 3,7 Prozent vorbei gibt. Schon einmal haben die EU-Länder versucht, die Vorlage der Kommission für die Beamtengehälter auszuhebeln - 1972. Der Europäische Gerichtshof brauchte damals gerade einmal fünf Monate, um die Ratsentscheidung für ungültig zu erklären. Daher schätzt der EU-Gewerkschafter, dass die 3,7 Prozent heuer wohl noch durchgehen werden. Nächstes Jahr werde es dafür "wenig bis gar nichts geben", glaubt Entmayr.
Pochen auf Methode
Seine Einschätzung untermauern Informationen aus Diplomatenkreisen: Wenn die vorgelegte Erhöhung nicht bis Jahresende beschlossen wird, "müssten wir einen Rechtsbruch begehen", hieß es. Die EU-Kommission werde aber angehalten, rasch eine Überarbeitung "der Methode" vorzulegen. Beim Abschluss 2010 sollen die wirtschaftlichen Entwicklungen dann berücksichtigt werden.
Die zuständigen Sprecherinnen der EU-Kommission gehen indes weiterhin nicht auf die potenzielle politische Sprengkraft der Gehaltserhöhungen ein. Ihnen fällt nicht mehr zum Thema ein, als sich gebetsmühlenartig auf "die Methode" zu berufen, die neben den Gehaltsentwicklungen in Belgien, Deutschland, Spanien, Frankreich, Italien, Luxemburg, den Niederlanden und Großbritannien in der jeweiligen Vorjahresperiode auch die Inflation in Brüssel berücksichtigt. So hat es im Gegensatz zum Durchschnitt der acht Mitgliedsstaaten seit 1991 keinen Real-Lohnverlust für EU-Beamte gegeben.