Die deutsche Kanzlerin Merkel und der spanische Ministerpräsident Rajoy bleiben auf Sparpolitik-Linie.
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Madrid/Berlin. (ce) Angela Merkel und Mariano Rajoy gehen im Gleichschritt. Die beiden christdemokratischen Politiker haben das für alle Augen sichtbar gemacht, als sie beim Besuch der deutschen Kanzlerin in der Geburtsstadt des spanischen Ministerpräsidenten, Santiago de Compostela, einige Kilometer auf dem berühmten Pilgerweg gemeinsam marschierten. Das informelle Gespräch am Sonntagnachmittag konnte vertraulicher nicht sein, nur die Dolmetscher waren dabei.
Nach der offiziellen Gesprächsrunde am Montag machten die beiden europäischen Spitzenpolitiker vor der Presse klar, dass sie in Europa an einem Strang ziehen. Konsolidierung und strukturelle Reformen sind aus Merkels und Rajoys Sicht der Weg zur Bewältigung der schwächelnden Wirtschaft in der EU. Sie lehnen es ab, Geld nach dem Gießkannenprinzip auszugeben, wie es etwa Italiens Premier Matteo Renzi immer wieder fordert. Merkel hat damit ihr Ziel erreicht, Rajoy auf der Seite der Befürworter ihrer Sparpolitik zu halten.
Frankreichs Kabinettskrise vom Montag, die genau durch diesen Streit ausgelöst worden war, wollten beide nicht kommentieren. Das sei interne Angelegenheit der Regierung in Paris. Und Merkel blieb mit demselben Argument auch die Antwort auf eine Frage nach den Sezessionsbestrebungen der Regionalregierung Kataloniens schuldig.
Unterstützung für de Guindos
Auch Rajoy konnte eine konkrete Zusage verbuchen. Kanzlerin Merkel sicherte die deutsche Unterstützung bei der Kandidatur des spanischen Wirtschaftsministers Luis de Guindos für den Vorsitz der Eurogruppe zu. "Er ist ein ausgezeichneter Minister", lobte sie und verwies auf de Guindos’ enge Zusammenarbeit mit Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble. Der 54-jährige Spanier hatte von Schäuble schon jede Menge Lob eingeheimst, etwa bei einem Spanienbesuch des deutschen Ministers am Rande einer Wirtschaftskonferenz in Guadarrama bei Madrid.
Die "solide Finanzpolitik" und die Reformen von de Guindos hätten dazu geführt, dass Spanien "großes Vertrauen unter allen Mitgliedern der Eurogruppe" genieße, sagte Schäuble. Ob Miguel Arias Cañete EU-Kommissar wird, wie es sich Rajoy vorstellt, blieb auch in Santiago de Compostela offen. Merkel sagte lediglich, es sei Sache der spanischen Regierung, ihn vorzuschlagen.
Gemeinsamer Energiemarkt
Die deutsche Regierungschefin unterstützte auch ein zweites Anliegen Rajoys, das gleich wie die Personalfragen auf dem EU-Gipfel am kommenden Wochenende auf der Tagesordnung steht. Sie sprach sich für den gemeinsamen Energiemarkt in der EU aus. Konkret heißt das, dass Spanien und auch Portugal in die Lage versetzt werden müssten, ihre Energieproduktion über die Pyrenäen nach Frankreich und Europa zu transportieren. Das gelte sowohl für Elektrizität als auch für Gaslieferungen, wobei Merkel deutlich machte, dass es ihr vor allem um den Strom gehe.
Rajoy setzt dagegen auf Gas. Das Land, das völlig unabhängig von russischen Gaslieferungen ist, setzt auf Versorgung aus Nordafrika und über Flüssiggastanker. Gut die Hälfte seines Verbrauchs bezieht Spanien über zwei Mittelmeerpipelines aus Algerien. Das Midcat-Gaspipeline-Projekt entlang der Mittelmeerküste würde die Anbindung des spanischen Gasnetzes an das europäische komplettieren. Midcat - der Name leitet sich vom französischen "Midi" für Südfrankreich und Cataluña für Katalonien ab - soll 184 Kilometer lang sein und an Medgaz im Süden angeschlossen werden. Medgaz führt unter dem Mittelmeer hindurch ins Herz der algerischen Gasproduktion nach Hassi R’Mel in der Sahara.