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Unzähligen Angriffen soll durch bessere Vernetzung begegnet werden.
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Linz. Fast pünktlich zur medialen Erregung darüber, ob das Bundesheer nun eng mit dem US-Geheimdienst NSA kooperiere oder nur "punktuell", wie es selbst sagt, startete in Linz die vom Abwehramt organisierte IKT-Sicherheitskonferenz. Dass das Thema auch hier auftauchen würde, war somit vorprogrammiert. Der Generalstabschef des Bundesheeres, Othmar Commenda, kann die Aufregung rund um die Spitzelaffären der letzten Zeit offenbar nicht ganz nachvollziehen. Er denke oft über die Scheinheiligkeit der Gesellschaft nach, sagte er in seinem Eröffnungsstatement. "Jeder, der hier sitzt, hat gewusst, dass es diese Dinge immer schon gibt." Das Bundesheer sei hierzulande der "Leidtragende", da man es ihm in die Schuhe schiebe. Er wolle aber die Gelegenheit nutzen, um klarzustellen: "Wir tun nichts Böses."
Die zweitägige Konferenz, die mit mehr als 1200 vom Bundesheer geladenen Besuchern aus allen Nähten platzte, sollte vor allem die Netzwerke zwischen den wichtigen Playern aus Militär, Wirtschaft und Forschung stärken. An allen Ecken wurde betont, wie wichtig Kooperation und Informationsaustausch im Cyberbereich sind. Bisher besteht nur für Telekommunikationsfirmen eine Meldepflicht, wenn ein Hackerangriff erfolgt ist. Alles andere spielt sich im Verborgenen ab und erreicht nur in Ausnahmefällen die Öffentlichkeit, da Firmen Reputationsschäden fürchten. "Alle müssen über mögliche Bedrohungen Bescheid wissen", pochte daher Commenda. Und diese sind vielzählig. Ein Vertreter des Antivirenherstellers Kaspersky sprach auf der Konferenz von 200.000 neuen Computer-Schädlingen täglich.
Cybermodul für Rekruten
Das Bundesheer ist, so ist es in der Cyber-Sicherheitsstrategie - deren Umsetzung gerade läuft und sich wohl noch bis Anfang des nächsten Jahres hinziehen wird - festgelegt, vor allem für den Bereich Cyber Defence zuständig. Wo es möglich und rechtlich erlaubt ist, würde man im Bedarfsfall mit militärischem Personal und Know-how im IKT-Bereich (IKT steht für Informations- und Kommunikationstechnologie) jeden unterstützen, sagt Commenda. Zuvorderst gelte es aber, die eigenen Systeme zu schützen. "In diesem Bereich wird in Österreich noch viel zu wenig investiert", so Commenda.
"Der Cyberraum ist ein Haifischbecken, in dem wir alle uns befinden", sagte der Leiter der Cyber Defence im Abwehramt, Walter Unger. Zur Förderung des Bewusstseins über dessen Risiken soll innerhalb des Wehrdienstes künftig auch ein Cybermodul für Rekruten eingeführt werden.
Wie oft das österreichische Militär bisher Opfer von Cyberattacken war und welcher Art diese waren, will man nicht umfassend sagen. Zumindest eines gibt man preis: Von gut 1,5 Millionen Mails pro Monat werden nur etwa 50.000 bis 70.000, also drei bis fünf Prozent zugestellt, sagt Unger. "Der Rest beinhaltet Schadfunktionen." Wie viele Angriffe es auf andere Regierungsstellen gibt, ist nicht bekannt. In Österreich gibt es keine Zentralstelle, die alle Vorfälle festhält. Das Netz der deutschen Regierung wurde im Vorjahr 4000 Mal angegriffen.
Dass man mit Cybermitteln durchaus heftig zuschlagen kann, bewiesen nicht zuletzt Vorfälle wie der zwischen Russland und Estland 2007, der gerne als der erste Cyberkrieg bezeichnet wird. Nach einem Denkmalstreit legten russische Hacker halb Estland lahm. 44 Millionen festgestellte Angriffe musste wiederum Israel aus der Arabischen Welt einstecken.
"Grüße an die NSA"
Den Teilnehmern in Linz, darunter zahlreiche Geheimdienstler, ist der Humor trotz aktueller Spähskandale und unzähliger Bedrohungsszenarien nicht vergangen. Volker Kozok von der deutschen Bundeswehr etwa ließ zu Vortragsbeginn die "Kollegen von der NSA grüßen, die uns gerade hier abhören: Viel Spaß bei meinem Vortrag, den sie nicht sehen können, weil sie ja nur lauschen." Und die Tatsache, dass nach den Pausen die Teilnehmer immer wieder ausgerechnet mit dem Soundtrack des Hollywood-Blockbusters "Mission Impossible" zurück in die Säle gerufen wurden, darf wohl als Randbemerkung notiert werden.