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Im Jahr 2006

Von Reinhard Göweil

Leitartikel
Chefredakteur Reinhard Göweil.

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Die Auftritte von Ex-Bundeskanzler Wolfgang Schüssel und Kurzzeit-Investor Tilo Berlin beim Hypo-Untersuchungsausschuss waren aus zweierlei Gründen bemerkenswert.

Erstens verortete der Ex-Kanzler die Gerüchte, wonach die BayernLB die Hypo Alpe Adria übernehmen könnte, ins Jahr 2006 und fügte sinngemäß hinzu, dass damals die Bawag in Schieflage war. Das stimmt, sogar das Jahr.

Und beim lukrativen Hypo-Investment der Gruppe um Tilo Berlin war es die BayernLB, die für die "dritte Tranche" des Hypo-Einstiegs eine üppige Finanzierung bereitstellte. Das allerdings war im Jänner 2007 - und damit deutlich vor offiziellem Bekanntwerden des Kaufes im Mai.

Der Neos-Abgeordnete Rainer Hable vermutete daher, dass die Berlin-Gruppe, zu der auch Karl-Heinz Grasser (oder dessen Schwiermutter) zählte, recht risikolos in die damals schon angeschlagene Hypo investiert habe.

Das Jahr 2006 war insgesamt bemerkenswert. Zuerst wurde der Bawag-Skandal publik, der den ÖGB an den Rand des Ruins brachte. Anfang Oktober gewann dann die SPÖ mit Alfred Gusenbauer die Nationalratswahlen, und am 9. Jänner 2007 trat Wolfgang Schüssel nach Abschluss der Koalitionsverhandlungen als Kanzler zurück.

Dazwischen wurde am 14. Dezember 2006 die Bawag an den US-Fonds Cerberus verkauft. Die ebenfalls mitbietende BayernLB zog den Kürzeren, obwohl sie die Bawag gut kannte. Sie war 1996 bis 2004 mit 46 Prozent an der damaligen Gewerkschaftsbank beteiligt. 2005 musste die BayernLB den Verkauf der Münchner Großbank HVB (Bank Austria) an die italienische Unicredit zur Kenntnis nehmen. Davor hatte sie beziehungsweise die Münchner CSU-Regierung eine "bayerische Lösung" versucht.

Die BayernLB stand also recht mickrig da, und deren damaliger Chef sagte unmittelbar nach der Bawag-Niederlage, man wolle weiterhin in Osteuropa Banken kaufen. Unmittelbar danach, im Jänner 2007, finanzierten die Bayern den Berlin-Einstieg bei der Hypo Alpe Adria mit einem dreistelligen Millionenbetrag.

Das ist viel Wirtschaftsgeschichte, aber nicht nur. Denn die Promi-Investoren rund um Tilo Berlin verdienten rund um diese undurchsichtigen Vorgänge in wenigen Monaten 150 Millionen Euro. Deren Rückzahlung würde das Leid der Steuerzahler bei der heutigen Abbaugesellschaft Heta immerhin ein bisschen lindern.