Seit sie ein Schulkind war, wollte Bience Gawanas Juristin werden und sich für die Machtlosen einsetzen. Heute ist die 54-jährige Namibierin die Sozialkommissarin der Afrikanischen Union.
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Bience Gawanas steht als Sozialkommissarin der Afrikanischen Union (AU) an der Front im Kampf für Mutterschutz und Kindervorsorge auf dem Schwarzen Kontinent. In Afrika ist die Zahl der Mütter, die bei der Geburt ihres Kindes sterben, zuletzt drastisch gestiegen. Dies sei nicht zuletzt ein soziologisches Problem, meint Gawanas: "Dieses Thema ist sehr eng mit der Gleichberechtigungs- und Geschlechterfrage in afrikanischen Gesellschaften verbunden. Schließlich gebären nur Frauen und nur Frauen sterben, wenn sie Leben schenken."
Den Wunsch, Jus zu studieren, verspürte Gawanas eigenen Aussagen zufolge zum ersten Mal, nachdem ihr älterer Bruder beim Autostoppen von Weißen aufgelesen und zu Tode geprügelt worden war. Die Polizei im damals vom südafrikanischen Apartheid-Regime besetzten Namibia legte die Angelegenheit als Verkehrsunfall zu den Akten.
In der Schule stieß ihr Wunsch, Juristin zu werden, nicht gerade auf Begeisterung. Ein weißer Schulinspektor empfahl ihr, ihren Berufswunsch zu überdenken, da sie als Schwarze weniger intelligent sei als Weiße. Von diesen Schmähungen unbeeindruckt, inskribierte Gawanas Jus an der Western Cape University in Kapstadt. Apartheid-Beamte übten weiterhin Druck auf sie aus und drängten darauf, dass sie auf eine Laufbahn als Krankenschwester umsatteln solle. Diesem Druck konnte Gawanas nur dank moralischer und finanzieller Unterstützung durch katholische Organisationen widerstehen. Schließlich wurde sie dennoch der Universität verwiesen, weil sie sich 1976 Studentenprotesten anschloss und dem Jugendverband der Südwestafrikanischen Volksorganisation (Swapo), die für Namibias Unabhängigkeit kämpfte, beitrat.
Gawanas ging ins Exil und lebte in Zambia, Angola und Kuba. 1981 erhielt sie zuerst ein Stipendium für ein Jus-Studium an der englischen University of Warwick. Gleich im Anschluss an das erfolgreich absolvierte Studium machte sie in London die Rechtsanwaltsprüfung. Als Anwältin arbeitete sie sogar an dem berühmten Fall der Birmingham Six mit, einer irischen Familie, die zu Unrecht wegen eines Bombenanschlags inhaftiert war.
Ihre brutale Vergangenheit holte sie bei einer Reise nach Zambia 1988 wieder ein. Als vermeintliche Spionin wurde sie von der Swapo überwältigt und in der Zentrale in Angola eingekerkert. Trotz Folter und Einzelhaft weigerte sie sich, die ihr zur Last gelegte Anschuldigung zu bestätigen. Nach ihrer Freilassung ein Jahr später kehrte Gawanas in ihre Heimat Namibia zurück, wo gerade Wahlen unter Aufsicht der UNO stattfanden. Wieder kämpfte sie für die Rechte der Unterdrückten, wieder erfuhr sie die Gewalt: Agenten des Apartheid-Regimes ermordeten ihren Anwaltspartner.
Nach den Wahlen wurde sie zunächst zur Kommissarin für den öffentlichen Dienst und 1996 zur Ombudsfrau für Misswirtschaft in Verwaltung und Regierung ernannt.
2003 schließlich wählten sie die afrikanischen Staatschefs zur Kommissarin für Soziale Angelegenheiten der AU, 2008 wurde sie in diesem Amt bestätigt. Beim kommenden AU-Gipfel, der vom 19. bis zum 27. Juli in Uganda stattfindet, wird Gawanas einen ihrer größten internationalen Auftritte bisher haben. Denn das Motto des Gipfels: "Gesundheit für Mütter, Kinder und Säuglinge und Entwicklung in Afrika" fällt genau in ihren Kompetenzbereich: Einsatz für jene, die sich normalerweise nicht wehren können.