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Die EU-Kommission will es internationalen Konzernen erschweren, sich um Abgaben an den Fiskus zu drücken.
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Brüssel. Mit der kreativen Buchführung soll es bald vorbei sein. Künftig soll es internationalen Konzernen erschwert werden, durch die Verlagerung von Gewinnen in andere Länder und weitere Tricks ihre Steuerlast zu drücken. Die EU-Kommission präsentierte nämlich ein Paket an Gesetzesvorschlägen, mit dem Schlupflöcher gestopft werden sollen - was nicht zuletzt auch für mehr soziale Gerechtigkeit sorgen soll. "Die Tage sind gezählt für Unternehmen, die Steuern auf Kosten anderer vermeiden", erklärte Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici. Das Ziel ist nun: die Abgaben dort eintreiben, wo die Wertschöpfung stattfindet.
Immerhin entgehen den EU-Haushalten pro Jahr 50 bis 70 Milliarden Euro an Budgeteinnahmen allein aus der Körperschaftssteuer, wie aus einer Studie im Auftrag des Europäischen Parlaments hervorgeht. Und die Belastung ist für kleinere, nur national agierende Firmen um rund 30 Prozent höher als für Konzerne, die mehr Möglichkeiten zur Steuerflucht haben.
Den Strategien zur Gewinnverschiebung will die Kommission nun den Kampf ansagen. So sollen EU-Staaten künftig Profite auch dann versteuern können, wenn diese ins Ausland geschickt werden. Das soll auch für Patente gelten, die ebenfalls in einem anderen Land angemeldet werden, um dort die Gewinne als geistiges Eigentum von der Steuer befreien zu können. Ebenso soll es den Unternehmen erschwert werden, dass sie Profite beispielsweise als - meist mit einem geringeren Satz belegte - Dividende an die Muttergesellschaft überweisen.
Auch plädiert die Kommission dafür, Kredite näher zu prüfen. Denn selbst Schulden werden von manchen Konzernen genutzt, um die Abgaben an den Fiskus zu verringern. Zinszahlungen können nämlich oft von der Steuer abgesetzt werden - und je höher sie ausfallen, umso geringer wird die Gesamtsumme, die zu versteuern ist. Ein Subunternehmen kann also einer anderen Firma innerhalb der Gruppe einen Kredit beziehungsweise Scheinkredit gewähren, für dessen Rückzahlung hohe, dafür aber im betroffenen Land steuerfreie Raten anfallen. Diese Möglichkeit soll nach dem Willen der Kommission ebenfalls stark eingeschränkt werden.
Schwarze Liste
All die Maßnahmen sollten laut der Brüsseler Behörde in der gesamten EU verbindlich sein, um die Methoden der Konzerne wirksam unterbinden zu können. Denn "grenzüberschreitende Steuerflucht ist mit 28 nationalen Regelungen nicht zu bekämpfen", begründete Moscovici. Daher sei koordiniertes Vorgehen nötig.
Das geht auch über die EU hinaus. Die Vorschläge fügen sich in eine Reihe von Plänen im weltweiten Kampf gegen Steuervermeidung, ausgearbeitet von den G20-Staaten und der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD).
Ein Mittel, um Abhilfe zu schaffen, soll Transparenz sein. So sollen die zuständigen Behörden der jeweiligen Staaten Informationen aus den Steuererklärungen, die die Konzerne abgeben, automatisch untereinander austauschen. Forderungen aus dem EU-Parlament, diese Angaben öffentlich zu machen, ist die Kommission aber noch nicht gefolgt.
Zusätzlich will die Behörde in Zusammenarbeit mit den Mitgliedsländern aber eine neue schwarze Liste von Drittstaaten anfertigen, die sich nicht an die Regeln zu mehr Steuerfairness halten. Derzeit gibt es laut Kommission nur nationale Listen und auch das nicht in allen EU-Ländern. Als Steueroasen werden unter anderem britische Überseegebiete wie die Cayman- oder Jungfern-Inseln, die Bahamas, Malediven oder Panama angeführt.
Die Gesetzesentwürfe der Kommission müssen die Mitgliedstaaten erst annehmen. Aus Wirtschaftskreisen waren zwar schon Warnungen zu hören, dass die Wettbewerbsfähigkeit der Gemeinschaft geschwächt werden könnte, während etwa die Entwicklungsorganisation Oxfam die Pläne für unzureichend hält. Doch äußerte Moscovici die Hoffnung, dass es bald eine Einigung auf die Struktur des Pakets geben werde - da dieses doch auch im Interesse der Länder liege.
Ermittlungen gegen Google
Es geht nämlich um deren Staatskassen. Das zeigt sich am Beispiel des Internetkonzerns Google. Das US-Unternehmen, das auch ins Visier der EU-Kommission geraten ist, hätte in Europa wohl weit höhere Steuern zahlen müssen als es entrichtet hat. In Italien ermitteln nun die Behörden. Google soll dort in den Jahren 2009 bis 2013 knapp 230 Millionen Euro an Steuern hinterzogen haben - unter anderem durch Überweisung von Gewinnen an den Mutterkonzern. 2014 hat die Firma in Italien rund 2,2 Millionen Euro Steuern bei Erlösen von 54,4 Millionen Euro ausgewiesen.