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"Das ist eine Abstimmung, bei der es tatsächlich auf die Mehrheit der Stimmen ankommt, aber beeilt euch, bevor noch irgendein willkürlicher russischer Popstar den Preis bekommt!" Mit diesen Worten motivierte Sängerin Katy Perry am Sonntag Zuseher für das Voting bei den MTV Video Awards. Seit Donald Trump US-Präsident ist, vergeht dort keine Preisverleihung im Kulturbereich ohne entsprechende Wortmeldungen. Bei MTV hat man nur die besseren Gagschreiber als bei den Oscars. Gleich zu Beginn stellte sich Paris Jackson, die Tochter von Michael Jackson, gegen rechtsextreme "White Supremacists", etwas später trat auch die Mutter jener Frau auf, die in Charlottesville bei einer Demo gegen solche "Weiße-Vorherrschafts-Trottel" (O-Ton Jackson) getötet worden war. Dabei blieb es nicht. Eine unvollständige Auflistung der gesellschaftlichen Anliegen, die aufgegriffen wurden: Die Statuette hieß früher "Moonman", neuerdings heißt sie geschlechtsneutral "Moonperson", Sängerin Alessia Cara wandte sich gegen Schönheitsideale, es wurden Preise vergeben für den besten Song gegen Bodyshaming und für Gleichbehandlung. Das ist alles gut und wichtig, aber bei der unkoordinierten Fülle von Appellen und Parolen läuft die Veranstaltung Gefahr, zum Gemischtwarenladen der aufgesetzten Anständigkeit zu werden.
Zumal so jeder einzelne Beitrag weniger Gewicht bekommt. Und das war gerade bei jenem Auftritt, der die zwei Selbstmorde in der Pop-Community in diesem Jahr (Chris Cornell und Chester Bennington) zum Anlass nahm, konkrete Hilfsangebote an Suizidgefährdete zu vermitteln, ein schmerzlicher Verlust.