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Im Namen der Gerechtigkeit

Von Simon Rosner

Politik

Gewerkschaften und NGOs entwerfen neues Budget, es ähnelt rot-grünen Ideen.


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Wien. Am Bedarf, an den Notwendigkeiten mangelt es nicht. Zum Beispiel: Österreich sollte ökologischer werden, schließlich verpasst dieses Land permanent die vereinbarten Klimaziele (Kyoto-Protokoll). Oder: Österreich liegt bei der Finanzierung des Hochschulsektors im Hintertreffen, sollte also die Universitäten finanziell besser ausstatten. Oder: In Österreich ist jede dritte Bezirkshauptstadt schlecht mit der Bahn erreichbar, es sollte daher mehr Geld in Richtung Bahnausbau fließen. Dann wäre nämlich auch das Kyoto-Ziel eher erreichbar, zum Beispiel.

Vor drei Jahren haben sich eine Reihe von Gewerkschaften und NGOs zusammengesetzt, um Wege zur Befriedigung dieser Bedürfnisse zu diskutieren, "Wege aus der Krise" nennt sich diese Plattform, die seither jedes Jahr eine Art Schattenbudget entwirft. Die mittlerweile 15 Akteure, die man unscharf mit "Zivilgesellschaft" umschreiben kann (darunter Greenpeace, Attac, GPA-djp, Katholische Arbeitnehmer, ÖH, Pro-Ge), haben am Dienstag ihren neuesten Entwurf präsentiert.

Mitsprache bei Budgetpolitik

Es sind mehr geworden, die in dieser Plattform mitdenken und auch fordern, mitreden zu können, wenn die Regierung über das Budget diskutiert. Sie fordern etwa die Teilnahme an Hearings des Budgetausschusses oder ein Informationsfreiheitsgesetz, das es für jeden nachvollziehbar macht, wofür Steuergeld ausgegeben wird. "Die Budgetpolitik muss demokratisiert werden", sagt Alexandra Strickner, Ökonomin und Vorstandsmitglied von Attac Österreich.

Das Budget, das "Wege aus der Krise" vorgelegt hat, ist eine Weiterentwicklung der bisherigen Zahlenspiele. Jahr für Jahr ist etwas dazu gekommen, neue Investitionen, ein paar Milliarden Euro, der Reformbedarf in diesem Land wird nicht geringer.

Waren auf Ausgabenseite 2010 noch etwas mehr als zwei Milliarden Euro zusätzlich veranschlagt, sind es diesmal schon 6,6 Milliarden mehr. Dem gegenüber stehen freilich auch Einnahmen in entsprechender Höhe: Vermögenssteuer, Erbschaftssteuer, Abschaffung von Steuerprivilegien, Ökosteuern. Der zusätzliche Erlös liegt diesmal bei rund 10 Milliarden Euro, weshalb eine Lohnsteuerreform für kleine bis mittlere Einkommen und Schuldenabbau (1,5 Milliarden Euro) drin sind.

Das zivilgesellschaftliche Budget ist allerdings kein bloßes Wünsch-dir-was, es ist durchaus detailliert und ökonomisch fundiert ausgearbeitet. Und tatsächlich fanden sich zahlreiche vorgeschlagene Investitionen und Steuererlöse in den Wahlprogrammen der Parteien - insbesondere von zwei Parteien: SPÖ und Grünen.

Steuern, um zu steuern

Mit einigen Ausnahmen sowie da und dort geringer dotierten Investitionen könnten sich SPÖ und Grüne vermutlich auf dieses Budget rasch einigen, allerdings hat die Nationalratswahl diese beiden Parteien mit keiner Mehrheit ausgestattet. "Die Annahme liegt auf dem Tisch, dass die ÖVP in der Regierung sein wird", sagt Christian Fölzer von der Gewerkschaft Bau-Holz. Womit die Chancen auf Umsetzung dieser Vorschläge gering sein dürften, die Volkspartei hat neue Steuern bisher ausgeschlossen, lediglich die Erhöhung der Grundsteuer ist ein Thema, sie muss nach Erkennnis des Verfassungsgerichtshofs ohnehin repariert werden.

Der NGO-Plattform geht es freilich nicht bloß um die Bedienung von Notwendigkeiten, sondern um eine aktive Umgestaltung der Gesellschaft mittels Steuerpolitik. "Das Steuersystem soll gerechter werden. Da werden manche mehr zahlen müssen, als sie es jetzt tun. Steuern sind dazu da, zu steuern. Also steuern wir", sagt Philipp Kuhlmann von den Katholischen Arbeitnehmern.

Mit Vermögenssteuern sollen Geringverdiener entlastet werden, Erbschaftssteuern sollen Österreich gerechter machen, die Erhöhung der Mineralölsteuer sowie der Normverbraucherabgabe sollen Österreich ökologischer machen, eine Überstunden-Abgabe das Arbeitsvolumen besser verteilen und Beschäftigung schaffen.

Die Vorschläge sind zwar aufkommensneutral, allerdings würde die Staatsausgabenquote steigen, und die ist mit 51,2 Prozent des BIP bereits hoch. Auf der anderen Seite liegen skandinavische Länder weit darüber und stehen auch nicht schlecht da. Es ginge also. Theoretisch. Aber realpolitisch? Am Reformbedarf mangelt es jedenfalls nicht.