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Im Namen der Steuerzahler

Von Walter Hämmerle

Politik
photonews.at/Georges Schneider

Finanzminister Schelling präsentiert Budget 2016 und gelobt mehr Tempo bei Reformen.


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Wien. Verstöße gegen die Etikette sichern Aufmerksamkeit. Also begrüßte der Mann am Rednerpult zuerst "die Österreicherinnen und Österreicher" und nicht - "Verzeihen Sie, Herr Bundespräsident" - das anwesende Staatsoberhaupt. Finanzminister wissen, wem sie das Geld abnehmen.

Hans Jörg Schelling legte seine erste Budgetrede als Bekenntnisse eines Finanzministers an, von dem man auch einen Gebrauchtwagen erwerben könne. Appelle an eine höhere Moral ("die Wahrheit ist den Menschen zumutbar") durften da ebenso wenig fehlen, wie die politische Selbstverortung als Bürgerlicher ("Österreich hat ein Ausgabenproblem und kein Einnahmenproblem"), der mit der finanzpolitischen Postmoderne wenig anfängt ("alles, was wir ausgeben, müssen wir auch finanzieren"), der aber dafür in die Zukunft blicken will ("müssen den Wohlstand der jetzigen Generation auch für die nächsten Generationen sicherstellen").

Oder anders gesagt: Schellings Premiere als Budgetredner wandte sich mindestens so sehr an seine Kollegen auf der Regierungsbank wie an die Damen und Herren Steuerzahler.

Zum Budget 2016: Dem Voranschlag rechnet mit einem Wachstum von 1,4 Prozent des BIP, einer Inflationsrate von 1,7 Prozent und einer Arbeitslosenquote von 9,7 Prozent. Auf dieser Grundlage rechnet Schelling für das kommende Jahr mit:

Einnahmen in der Höhe von 71,903 Milliarden Euro und

Ausgaben in der Höhe von 77,026 Milliarden Euro.

Budget in schwierigen Zeiten

In Summe ergibt sich daraus für das Budget 2016:

ein Nettofinanzierungsbedarf von 5,123 Milliarden Euro (2015: 3,194 Milliarden),

eine Schuldenquote von 85,1 Milliarden Euro (nach 86,5),

ein strukturelles Defizit von 0,54 Prozent des BIP (nach 0,53),

ein Maastricht-Defizit von 1,4 Prozent des BIP (2015: 1,9).

Hinter diesen nüchternen Zahlen steht nicht nur die Gegenfinanzierung des Prestigeprojekts dieser Regierung, der Steuerentlastung in Höhe von 52 Milliarden Euro, sondern eine generell unwirtliche Gegenwart: Zu den Kosten der Hypo-Pleite kommen ein maues Wachstum und steigende Ausgaben für Arbeitslosigkeit; dagegen nehmen sich die Mehrausgaben für die Bewältigung der Flüchtlingskrise (insgesamt rund 565 Millionen Euro) fast mickrig aus.

Schelling lässt keinen Zweifel daran, dass Budget und Schuldenquote auf Dauer nicht ohne Sparmaßnahmen zu sanieren seien. Entsprechend drängt er bei Pensionen, Bildung und Gesundheit - allesamt Bereiche mit stark steigender Ausgabendynamik - auf Reformen. Die Kostensteigerungen in der Verwaltung sollen von 2,7 Prozent jährlich auf 1,7 Prozent zurückgefahren werden. Hier erhofft Schelling sich eine Einsparung von 3,3 Milliarden bis 2020. Ähnlich die Zielvorgabe für den Gesundheitsbereich, wo geringere Steigerungsraten zu Minderausgaben von 2 Milliarden führen sollen - bei weiterhin steigenden Gesamtausgaben. Wo genau Maßnahmen gesetzt werden, liegt in der Eigenverantwortung der betroffenen Ressorts.

Nicht länger abfinden will sich der Finanzminister mit Blockadementalitäten diverser Interessenvertreter. Dass etwa die schwarze Wirtschaftskammer auf eine Verschiebung der Registrierkassenpflicht drängt, kommt für Schelling "überhaupt nicht infrage"; und auch die angekündigten Widerstände des roten Gewerkschaftsbunds gegen Maßnahmen im Pensionsbereich beeindrucken ihn eher wenig. Von solchen Widrigkeiten will sich Schelling von seinem Ziel eines wirklichen Nulldefizits 2019 nicht abbringen lassen. Es wäre das Erste seit 1964, "auch wenn es dazwischen einer behauptet hat". Das war Karlheinz Grasser für 2001.

Ohne die Länder wird Schelling aber auf halben Weg stehen bleiben. Bei den Verhandlungen über einen neuen Finanzausgleich ab 2017 strebt der Bund einen neuen Zugang an: Statt nur Geld an Länder und Gemeinden zu überweisen (2014 immerhin insgesamt 32,5 Milliarden Euro), will er konkrete Mittel für konkrete Aufgaben zuteilen. Das wäre keine kleine Revolution in dieser Republik. Aber wie sagte Schelling am Mittwoch im Nationalrat und im Angesicht der Steuerzahler: "Wir müssen Resultate liefern, nicht Ankündigungen." Na dann.

Das Budget 2016 hat deutlich handlichere Ausmaße als früher: Statt 19 Kilogramm des Doppelbudgets der Jahre 2014/15 wiegt jenes für 2016 Jahr nur mehr
15 Gramm. Denn erstmals lieferte das Finanzministerium sein Werk auch auf USB-Sticks aus. In Papierform gibt es das Budget aber auch noch: Der Stapel eines Konvoluts ist 20 Zentimeter hoch und wiegt 10,5 Kilogramm.

Die 50,4 Megabyte große Datenmenge auf dem USB-Stick umfasst fast 3500 A4-Seiten. Heuer wurden laut Finanzministerium rund ein Drittel weniger Budget-"Ziegel" produziert, insgesamt 200 Stück wurden ins Parlament geliefert. Effektiv sparte man damit rund eine Tonne an Papier ein. In Zukunft, so heißt es, soll die Papierflut noch weiter eingedämmt werden.

USB-Stick statt Papier-Ziegel