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Im Quotennebel verirrt

Von Francesco Campagner

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Der Mensch ist ein Gewohnheitstier. Die Geldbörse wird in der inneren linken Sakkotasche verwahrt, die Brille auf der Nase und das Fernseh-Ermunterungsheft neben dem passenden Gerät. Klar, dass auch die TV-Programme den entsprechenden Angewohnheiten gemäß gespeichert sind. ORF 1 auf 1, ORF 2 auf 2 - da sind sich die meisten Österreicher einig -, danach beginnt das, was man allgemein persönliche Note nennt. Diese erschwert allerdings des Öfteren die Kommunikation. Wer über den tollen Film am Zehner schwärmt, wird statt breiter Zustimmung und cineastischer Gespräche meist Grundsatzdiskussionen über die richtige Programmierung des TV-Apparates ernten. Deswegen ist man auch so glücklich, dass sich wenigstens einige Dinge in der Medienwelt nicht so schnell ändern. Der Programmplatz und die Beginnzeit der "ZiB 1" etwa, um 19.30 Uhr auf ORF 1 oder ORF 2.

Allerdings ist dies alles, was gleich geblieben ist. Die Nachrichtensendung hat in den letzten Jahren zunehmend unter einer hartnäckigen Boulevardisierung gelitten. Zu Spitzenmeldungen wurden chronikale Ereignisse gemacht, öfters gewann man den Eindruck, dass das Team der "ZiB" die Orientierung im Quotennebel verloren hätte. Mittlerweile freut man sich schon, wenn - wie am Sonntag etwa - die Meldung "Hubschrauber in Donau gestürzt" nicht mehr als Top-Story des Tages abgehandelt wird. Die einstige Vorzeige-Informationssendung des ORF wirkt allerdings weiterhin richtungslos, als ob das Ziel des täglichen Unterfangens gänzlich unklar wäre. Ob sich der Nebel jemals lichtet?