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Nüchtern analysieren? Das war für die meisten Zuschauer beim rauschenden Ski-und-Party-Wochenende in Schladming nicht drin und wohl auch nicht ihr prioritäres Anliegen. Die Hirscher-Mania hat sich über die Planai gelegt, und das ist auch in Ordnung so. Man muss die Feste ja feiern, wie sie fallen, einen Gesamtweltcupsieger gibt es für die selbsterklärte Skination nicht alle Tage - davor zum letzten Mal 2006 - zu bejubeln, und Marcel Hirschers Leistungen verdienen tatsächlich jeden Respekt.
Doch wie in den vergangenen Jahren nicht alles so schlecht war, wie es angesichts der als Katastrophe empfundenen Kugellosigkeit bei den Herren im Vorwinter geredet wurde, gibt es nun auch keinen Grund zu jener skidefinierten Überheblichkeit, die in den Betrachtungen bisweilen durchschlägt. Im Gegensatz zu den Vorsaisonen war diesmal auch die Dramaturgie des Weltcups auf österreichischer Seite: Es gab kaum Verletzungen im heimischen Team, dafür nahm eine solche Ivica Kostelic, den davor wohl aussichtsreichsten Anwärter auf die große Kugel, praktisch aus dem Rennen. Der Super G in Schladming, bei dem Hirscher seinerseits den vielleicht wichtigsten Schritt in diese Richtung machte, war ihm als Techniker auf den Leib geschneidert, und ein Lauf, wie er ihn in den anderen Disziplinen abgesehen von seinen Slalom-Einfädlern hatte, muss erst einmal passieren. Im Schatten von Hirscher war auch die Entwicklung der anderen Fahrer vor allem im Herren-Bereich erfreulich: Marcel Mathis zeigte in einer Art und Weise auf, wie man das nicht unbedingt hatte erwarten können, Klaus Kröll und Hannes Reichelt meldeten sich nach kleineren Durchhängern als absolute Topfahrer zurück, und die junge Speed-Garde hat die Lücke zur Spitze zumindest verkleinert.
Das alles bedarf viel Können und noch mehr Arbeit, aber eben auch Glück und eines günstigen Saisonverlaufs. Für das kommende Jahr, in dem man zudem erst sehen wird, wie sich die Materialänderungen auswirken, Ähnliches zu erwarten, wäre also gefehlt. Ebenso wie die "Wir-sind-Ski-und-wer-seid-ihr?"-Attitüde, die manche Fans in Schladming an den Tag legten.