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Im Schatten Alfred Gusenbauers strahlt heute wohl auch Heinz Fischer

Von Walter Hämmerle

Analysen

Natürlich wird am heutigen Donnerstag vor allem der frisch angelobte Bundeskanzler Alfred Gusenbauer alle Blicke auf sich ziehen. Aber auch Heinz Fischer kann sich getrost zufrieden auf die Schultern klopfen. Denn die Angelobung der großen Koalition durch den Bundespräsidenten ist auch ein bisschen dessen eigener Verdienst.


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Nicht, dass das Staatsoberhaupt selbst die Regie im 102 Tage dauernden Drama der Regierungsbildung in der Hand gehabt hätte - dazu fehlen einem österreichischen Bundespräsidenten in Friedenszeiten schlicht die realpolitischen Machtmittel. Aber Fischer erwies sich in dieser langwierigen und durchaus schwierigen innenpolitischen Phase als ebenso umsichtiger wie vorsichtiger Moderator, der wohldosiert abwechselnd vor und hinter den Kulissen agierte, um die beiden anfangs widerstrebenen Parteien doch noch in einer großen Koalition zusammenzuführen.

Vor allem Fischers Schachzug, in Abstimmung mit SPÖ und ÖVP den heutigen Tag bereits am 12. Dezember als Angelobungstermin zu fixieren, erweist sich im Rückblick als geschickter Schachzug. Damit setzte er beide Großparteien erheblich unter Druck, die Koalitionsverhandlungen zu einem Abschluss zu bringen - so oder so. Der Zeit des parteipolitischen Taktierens waren damit erstmals klare Grenzen gesetzt.

Fischer hat zweifellos um das Risiko seines Vorgehens gewusst - im schlimmsten Fall hätte ihm ein ähnliches Schicksal wie Thomas Klestil 1999/2000 blühen können. Der verstorbene Karrierediplomat in der Hofburg wollte mit aller Gewalt Schwarz-Blau verhindern, überschätzte seine verfassungsrechtlichen und politischen Möglichkeiten und beschädigte sein eigenes und das Ansehen seines Amtes.

Doch so weit hätte es der habilitierte Verfassungsrechtler und innenpolitische Fuchs Heinz Fischer ohnehin wohl nie kommen lassen.

Die Freude des Bundespräsidenten über das Zustandekommen seiner Lieblingskoalition könnte höchstens bei der ausführlichen Lektüre des Regierungsübereinkommens nachhaltig getrübt werden. Immerhin hat sich Fischer eine - in jeder Form - stabile Regierung gewünscht. Das setzt allerdings voraus, dass sich SPÖ und ÖVP über mehr als nur Überschriften geeinigt haben.

Liest man das rund 170 Seiten dicke Koalitionspapier, stolpert man jedoch verdächtig häufig bei zentralen politischen Streitfragen auf vage Absichtserklärungen und einzurichtende Expertengruppen, die nach Kompromisslösungen fahnden sollen: So geschehen bei den Themen Bildung, Eurofighter, Verfassungsreform und Entlastung.

Eigentlich hatten uns SPÖ und ÖVP ja während der monatelangen Verhandlungen stets versichert, man agiere eben lieber nach dem Motto, lieber jetzt länger zu verhandeln als später ständig zu streiten. Davon ist im Regierungsübereinkommen allerdings fast nichts mehr zu erkennen.