Das vom Gipfeltreffen ausgeschlossene Russland dominierte die Debatten der G7-Staaten.
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Brüssel. Eine Fahne fehlte auf dem weißen runden Tisch: die weiß-blau-rote. Russlands Präsident Wladimir Putin war nämlich von dem Treffen der Staats- und Regierungschefs der führenden westlichen Industrienationen ausgeladen. Die Gruppe der Acht ist wieder auf eine der Sieben geschrumpft. Wegen der Annexion der Krim wurde das G8-Treffen in der russischen Stadt Sotschi abgesagt, und so fand erstmals nach fünfzehn Jahren wieder eine Zusammenkunft der G7 statt. Und überhaupt eine Premiere war, dass sich die Vertreter Deutschlands, Frankreichs, Italiens, Japans, Kanadas, Großbritanniens und der USA in Brüssel an einen Tisch setzten. Als Gastgeber fungierte so die EU, personifiziert in den Präsidenten von Kommission und Rat, Jose Manuel Barroso und Herman Van Rompuy.
Dennoch dominierte der Abwesende die Debatten der Teilnehmer. Nicht nur beim Abendessen, bei dem die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel und US-Präsident Barack Obama mit ihren Amtskollegen die Krise in der Ukraine besprachen und ihre Bereitschaft bekräftigten, unter Umständen die Sanktionen gegen Russland zu verschärfen. Auch beim Thema Energie und Klimaschutz, das im Zentrum einer Arbeitssitzung am heutigen Donnerstag steht, konnte die Rolle des Kreml nicht außer Acht gelassen werden.
Denn zumindest die Europäer sind - in unterschiedlichem Ausmaß - von russischen Lieferungen abhängig. Ein Drittel der Gas- und Ölimporte kommen von dort. Und die Drohungen aus Moskau die Einfuhren in die Ukraine zu stoppen, können die EU ebenfalls nicht ungerührt lassen: Der östliche Nachbar ist nämlich ein wichtiges Transitland. Die Hälfte der russischen Gasexporte in den Westen wird über ukrainische Leitungen abgewickelt.
Daher hat Obama schon beim EU-USA-Gipfel vor gut zwei Monaten die Union ermahnt, neue Energiequellen zu erschließen. Sein Land hat das bereits mit der Förderung von Schiefergas getan. Das ist allerdings in einigen EU-Staaten wegen starker Umweltbelastungen umstritten.
Allerdings könnten die Amerikaner die Europäer auch auf andere Weise unterstützen: durch Lieferungen von Flüssiggas. Das ist bis jetzt an Lizenzen gekoppelt. Obama versprach, dass deren Vergabe an US-Unternehmen wesentlich einfacher werde, wenn es einmal ein Freihandelsabkommen zwischen den transatlantischen Partnern gebe.
Die EU selbst müht sich seit einiger Zeit, ihre Energiesicherheit zu erhöhen. In der Vorwoche legte Energiekommissar Günther Oettinger ein Strategiepapier dazu vor, das die Staats- und Regierungschefs bei einem Gipfeltreffen Ende des Monats diskutieren sollen. Die Behörde fordert die Mitgliedstaaten unter anderem dazu auf, ihre Speicher und Pipelines sowie Flüssiggasterminals auszubauen, nationale Notfallpläne zu erstellen und heimische Energiequellen besser zu nutzen.
Vorarbeit für Klimakonferenz
Parallel dazu laufen die Versuche der G7-Staaten, einen gemeinsamen Plan zu entwerfen. So soll der Internationalen Energieagentur der Auftrag gegeben werden, zusammen mit der EU ein Konzept zu entwickeln, wie sich die Länder aus der Abhängigkeit von einzelnen Rohstofflieferanten lösen könnten. Merkel verwies darauf, dass bis zum kommenden Jahr ein umfassender und langfristiger Aktionsplan zu erarbeiten sei, "mit dem verhindert werden soll, dass Energie als politisches Zwangsmittel eingesetzt wird".
Im kommenden Jahr steht auch die nächste Weltklimakonferenz an, dieses Mal in Paris. Wenn die Gruppe der Sieben dabei die Themenführerschaft übernehmen wolle, müsste sie schon bald eine einheitliche Position dafür finden, heißt es in Diplomatenkreisen. Deutschland wird dabei eine wesentliche Rolle bei der Koordinierung zukommen, weil es 2015 die G7-Präsidentschaft übernehmen wird.
Berlin könnte es dabei nun leichter haben als noch vor einigen Jahren. Denn lange Zeit stieß der Ruf der Europäer nach ambitionierten Zielen zum Klimaschutz in anderen Weltteilen auf taube Ohren. Doch der massive Abbau von Schiefergas bewirkte beispielsweise eine Änderung in den USA: Er bot Obama die Möglichkeit, selbst ehrgeizige Vorgaben zur Reduktion von Treibhausgasen zu verkünden. Kohle kann dort nämlich mittlerweile durch emissionsarmes Gas ersetzt werden. Ein neuer Anlauf in der Klimapolitik ist jedenfalls nötig, falls das Ziel erreicht werden soll, die Erderwärmung auf zwei Grad zu begrenzen.
Dass die Debatte darüber schon bald wieder im Kreis der G8 geführt wird, scheint freilich unwahrscheinlich. Eine rasche Wiederaufnahme Russlands in die Gruppe ist nicht in Sicht. "Russland hat sich durch seine Handlungen selbst distanziert", meinte ein EU-Diplomat. "Es liegt an ihm, sich wieder in unsere Wertegemeinschaft einzugliedern." Andernfalls bleiben die G7 eben die G7.