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Im Sog der "bösen" Banken

Von Clemens Neuhold

Wirtschaft

4,8 Milliarden für Bankenhilfe könnten sich rasch um 2,5 Milliarden erhöhen.


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Wien. "Also, will wer eine Bank? Ich habe welche zu verkaufen." Was Finanzministerin Maria Fekter bei einem Vortrag diese Woche launig in die Runde warf, ist längst ein ernstes Problem für die Steuerzahler. Sie sind nämlich seit 2009 Besitzer von Banken, die in der Krise notverstaatlicht wurden und jetzt zu teuren Ladenhütern werden. Fekter sprach weiters von einem "Dilemma", dass derzeit niemand eine Bank kaufen wolle. Der Grund: Auch andere Länder haben Banken durch eine Verstaatlichung "gerettet" und werfen sie nun wieder auf den Markt, der Preis ist im Keller - wenn sich Käufer finden. Starke Banken haben derzeit andere Sorgen als schwache zu kaufen.

Das Unterfangen, die Problembanken wieder loszuwerden, gleicht also einem Sommerschlussverkauf mit minus 90 Prozent in einer Gasse ohne Laufkundschaft. Doch genau dazu zwingt Brüssel Österreich. Denn Österreich hat die Banken nicht nur verstaatlicht, sondern bereits 4,8 Milliarden Euro hineingebuttert, damit sie am Leben bleiben. Diese Staatsbeihilfen segnen die Brüsseler Wettbewerbshüter nur ab, wenn die Banken wieder nach fünf Jahren entstaatlicht - sprich verkauft - werden. Die Frist für die Kommunalkredit läuft Ende Juni aus, jene für die Kärntner Hypo (die in Wirklichkeit eine Balkan-Hypo ist) läuft Ende 2013 aus. Kurzum: Es ist fünf vor zwölf. Segnet Brüssel die Beihilfen nicht ab, müssen die Banken die Milliarden auf einen Schlag zurückzahlen und würden unter der Last zusammenbrechen - alleine bei der Hypo würde das bis zu 16 Milliarden Euro kosten. Das Horrorszenario ist nicht wahrscheinlich, doch EU-Wettbewerbskommissar Joaquin Almunia will für ein Entgegenkommen endlich konkrete Pläne auf den Tisch.

An diesem bastelt seit Mittwoch Vormittag ein Krisenrat, der den Gordischen Knoten lösen soll. Dem Krisenrat gehören namhafte Bankaufseher der Nation an, Bundeskanzler Werner Faymann und Vizekanzler Michael Spindelegger haben ihn der Finanzministerin und ihren Experten zur Seite gestellt.

Zeit ist ganz viel Steuergeld

Das wichtigste Ziel für alle: mehr Zeit. Der Verkauf der Hypo Österreich steht laut Pressesprecher Nikola Donig "in der finalen Phase". Über die Anbieter verrät er nichts, es sollen eine österreichische und eine internationale Bank sein, ist zu hören. Viel wichtiger ist das Balkan-Netz der Hypo - von Kroatien über Bosnien bis Serbien, das 90 Prozent der Kunden und 80 Prozent der Mitarbeiter (rund 4500) umfasst. Laut Donig haben zehn Investoren ihr Interesse angemeldet und prüfen die Verkaufsunterlagen. Bankexperten schätzen, dass man bis zu 18 Monate braucht, um diesen Verkauf über die Bühne zu bringen. Doch selbst wenn Österreich es schafft, bis Ende 2014 Zeit zu bekommen, müssten Teile, die bis dahin nicht privatisiert werden können, stillgelegt werden. Das könnte nach internen Schätzungen weitere 2,5 Milliarden Euro kosten - den Steuerzahler. Je länger die Frist, desto geringer diese Stilllegungskosten. Die Italien-Tochter gilt derzeit wegen der ökonomischen Krise im Nachbarland aus unverkäuflich.

Österreich hat im Tauziehen mit Almunia zwei Argumente auf seiner Seite: Die Verstaatlichung der Hypo fand erst 2009 statt, auch wenn 2008 schon erstes Geld floss. Das könnte ein Jahr Spielraum für die Fünfjahresfrist geben. Außerdem wird Fekter herausstreichen, wie "systemrelevant" die Balkan-Hypo für die gesamte Region sei, und betonen, wie eine Hypo-Zerschlagung und ein Bankensturm in Kroatien (420.000 Kunden) oder Bosnien (390.000 Kunden) die ohnedies maroden Länder aus dem Gleichgewicht bringen könnte.

EZB-Chef bat um Hilfe

Aus diesen geostrategischen Überlegungen hatte sich 2009 der Chef der Europäischen Zentralbank, Jean-Claude Trichet, persönlich in die Verhandlungen zur Hypo-Rettung eingeschaltet und Österreich inständig gebeten, die Hypo nicht fallen zu lassen. Kommission und EZB sind verschiedene Player, das Argument wird aber auch für Almunia schwer von der Hand zu weisen sein.

Die zweite große Baustelle des Krisenstabs neben den Verkaufsfristen sind die "Bad Banks". Die Hypo hat schon jetzt intern 11,7 Milliarden Euro an uneinbringlichen Krediten, wertlosen Immobilien (wertlosen Hotels am Balkan) oder Adria-Booten gesammelt. Nun soll dieser Abbauteil herausgelöst und langsam abgetragen werden. Wenn private Investoren einsteigen, würde das die Staatsschulden nicht sofort explodieren lassen. Im Match mit Brüssel hilft das wenig: "Den Verkaufsprozess würde das nicht wesentlich beschleunigen", sagt Donig.

Die andere Problembank der Österreicher, die Kommunalkredit, könnte die EU wie berichtet selbst bis Juni auf den Markt werfen. Österreich wäre entmachtet. Und bei der Volksbanken AG hat Österreich noch bis 2017 Zeit, sich von seinen 43 Prozent zu trennen. Doch wer will Anteile an einer Bank, die er nicht kontrollieren kann? Da müssten wohl heimische Banken wie die Raiffeisen einspringen.