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Das wird Garri Kasparow nicht gefallen - dass das WM-Finale 2014 zwischen dem amtierenden Weltmeister Magnus Carlsen und seinem indischen Herausforderer Viswanathan Anand an diesem Wochenende ausgerechnet im russischen Sotschi, dem Inbegriff von "Putins Personenkult", wie er einmal sagte, steigt nämlich.
Tatsächlich könnte man die Idee, nach Olympia und Formel 1 auch die Schach-WM nach Sotschi zu holen, als perfekten Schachzug des Herrn im Kreml bezeichnen, noch dazu, wo ja der Schachsport gerade in Russland sehr hohes Ansehen genießt. Die Hände reiben dürfte sich wohl auch der amtierende (russische) Präsident des Schach-Weltverbandes Fide, Kirsan Iljumschinow. Erst im August hatte sich der frühere Gouverneur der Teilrepublik Kalmückien (in einer Stichwahl gegen Kasparow) zum dritten Mal als Präsident bestätigen lassen. Den Vorwurf, dass Druck auf die Delegierten ausgeübt worden sei, hat er bisher stets geleugnet.
Aber nicht nur in diesem Punkt haben Iljumschinow und Putin etwas gemeinsam. Beide gehören der Regierungspartei "Einiges Russland" an, und beide werden am Samstag die Gelegenheit nützen, um sich medienwirksam mit den besten Schachspielern der Welt ablichten zu lassen. Die Signalwirkung jedenfalls ist mit Blick auf den Ukraine-Konflikt und die Menschenrechtslage in Russland verheerend. Warum lässt man es zu, dass Carlsen dieser hochpolitischen Kulisse ausgeliefert wird? Die offizielle Begründung, wonach sich mit Ausnahme von Sotschi keine andere Stadt für die Ausrichtung des Turniers beworben hatte, genügt hier nicht - und entbehrt jeder Logik. So kostenintensiv wie Olympia oder die Formel 1 ist Schach auch wieder nicht. Zwei Stühle und einen Tisch hätte man ja wohl noch auftreiben können.