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Im Trumpismus-Kernland

Von WZ-Korrespondentin Veronika Eschbacher

Politik

In Orange County wird Donald Trump noch bejubelt.


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Costa Mesa. Der Geruch von süßem Popcorn führt republikanische Nasen an diesem Tag der letzten US-Präsidentschaftsdebatte hinauf in den zweiten Stock. Vorbei an Bierfässern eines Pubs im Erdgeschoss und stapelweise Gartenschildern für den Wahlkampf führt eine steile Treppe in das "Rohrabacher Liberty Headquarter". Was untertags hier in Costa Mesa, gut eine Autostunde südlich von Los Angeles das großzügige Wahlkampfbüro des republikanischen Kongressabgeordneten Dana Rohrabacher ist, dient heute Abend als Debatten-Partyraum für knapp 35 konservative Kalifornier.

Bis zur letzten Minute vor Beginn des Aufeinandertreffens von Hillary Clinton und Donald Trump decken sich die ausschließlich weißen Besucher mit Pizzastücken, Nachos und Guacamole ein und zapfen Bier aus Rohrabachers "Liberty Bar" gleich neben dem Eingang. Dort baumelt zwischen ausgestopften Antilopen und Wildschweinen ein Bild des ehemaligen US-Präsidenten Ronald Reagan, der dem Betrachter mit einem hochgehaltenen Glas Weißwein entgegenprostet. Rohrabacher schrieb einst Reden für Reagan. Daneben hängt ein gerahmtes Foto des Kongressabgeordneten in Afghanistan, Seite an Seite mit afghanischen Mudschahedin.

Allmählich wird es still im "Rohrabacher Liberty Headquarter". Trumps Auftreten auf der Bühne wird dann mit frenetischem Applaus in den ersten Reihen, wo sich die treuesten Fans des Kandidaten schon lange vor Beginn gesammelt haben, begrüßt. Als Clinton bei der ersten Frage erklärt, dass der Supreme Court auf der Seite der Bürger stehen soll und nicht auf der Seite der Konzerne und Wohlhabenden, geht ein abschätziges "Pfffff" durch den Raum. Trumps Ausführungen, dass sein Kandidat für den Supreme Court konservativ sein wird, den zweiten Zusatzartikel zur US-Verfassung - dieser garantiert den Besitz und das Tragen von Schusswaffen auf Bundesebene - verteidigen und die Verfassung im Sinne der Gründerväter der USA interpretieren werde, erntet leichten Applaus.

Für mehr Sesselrücken sorgt die Frage zum Thema Abtreibung. Als Trump erklärt, er sei gegen legale Abtreibung, und fortfährt, Clinton trete dafür ein, dass Babys "im neunten Schwangerschaftsmonat aus dem Mutterleib gerissen" werden und er dies ablehne, rufen Frauen in den ersten Reihen "Amen!". Weiter hinten lehnt sich eine Frau zur Seite und flüstert: "Ich will gar nicht wissen, für wie viele Abtreibungen Trump gezahlt hat."

"Clinton ist eine Lügnerin!"

Über weite Strecken werden die Wortmeldungen der Kandidaten aber nicht sprachlich kommentiert, sondern mit Geräuschen oder Handzeichen. Als Clinton ihren Mann Bill erwähnt, gibt es Würgegeräusche im Raum. Als sie von TPP spricht, dem im Ratifizierungsprozess befindlichen Transpazifischen Handelsabkommen, gibt es viele Daumen, die nach unten zeigen. Und immer wieder äffen sie mit verzogenen Gesichtern Clinton nach, wenn sie den Zeigefinger in einerfür sie typischen Pose hebt.

Nun, hier ist man unter sich. Und viele Republikaner haben im Laufe des Wahlkampfs offenbar eine immense Abscheu gegen Clinton entwickelt. Wenn sie spricht, ist immer wieder "Oh, halt doch die Klappe" zu hören oder "Lügnerin!". Nimmt sie Trump in die Mangel, heißt es: "Ach ja? Und was war mit Bengasi? Lass uns über Bengasi reden, Baby!" Der einzige Demokrat, der hier bejubelt wird, ist Bernie Sanders. Dazu reicht es aus, dass Trump seinen Namen erwähnt. In Gelächter und Applaus bricht das Publikum aus, wenn die Aussagen von Trump Clinton direkt angreifen. "Sie ist eine erwiesene Lügnerin" - Applaus. "Sie hat schlechte Sachkenntnisse", "ihre Wahlkampagne ist niederträchtig", "ihre Instinkte und ihr Urteilsvermögen sind schlecht" - alle lachen. Am lautesten und längsten aber wird gelacht, als Trump Clinton eine "abscheuliche Frau" nennt. Wobei manche Anwesende sichtbar im ersten Moment ihren Ohren nicht trauen. "Das ist ja beispiellos", sagt eine Frau.

Nur an einer Stelle herrscht absolute Stille wie am Anfang: als Trump erklärt, er werde sich erst ansehen, ob er das Wahlergebnis akzeptiert oder nicht, wenn es so weit ist. Mit dieser Aussage lässt er auch seine eigenen Anhänger mit offenen Mündern zurück.