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Im Wartezimmer für den Euro

Von Waldemar Hummer

Europaarchiv
Foto: privat

Mit dem Beitritt zur EU am 1. Mai des Vorjahres haben sich die zehn neuen Mitgliedsstaaten zugleich verpflichtet, mittelfristig an der Wirtschafts- und Währungsunion (WWU) teilzunehmen.


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Sie haben unter anderem ihre Wechselkurspolitik als Angelegenheit von gemeinsamem Interesse zu behandeln und Preisstabilität als vorrangiges Ziel ihrer Geldpolitik anzustreben. Zudem gehören ihre nationalen Zentralbanken bereits dem Europäischen System der Zentralbanken an.

Die neuen Mitgliedsstaaten sind darüber hinaus verpflichtet - obwohl sie den Euro nicht sofort einführen (dürfen) - bei Erfüllung der Konvergenzkriterien die Übernahme des Euro anzustreben. Die vier Kriterien beziehen sich auf die Inflationsrate, die öffentliche Verschuldung, die Einhaltung der normalen Bandbreiten des Wechselkursmechanismus (WKM I) des Europäischen Währungssystems (EWS) über mindestens zwei Jahre (ohne Abwertung der eigenen Währung) und die Dauerhaftigkeit der erreichten Konvergenz, die vor allem im Niveau der langfristigen Zinssätze zum Ausdruck kommt. Diese 1992 eingeführten Konvergenzkriterien gelten auch für die neuen Mitgliedsstaaten, denen keine zusätzlichen Bedingungen für die Einführung des Euro auferlegt wurden.

Das (zeitlich) wichtigste Konvergenzkriterium für die neuen EU-Staaten ist dabei die zweijährige ungestörte Verweildauer im nunmehrigen WKM II, der 1997 für die Währungen der Mitglieder außerhalb des Euro-Währungsgebietes eingeführt wurde und der das bereits 1979 eingeführte EWS abgelöst hat. Der WKM II ist eine multilaterale Übereinkunft mit festen, aber anpassungsfähigen Wechselkursen, also mit Leitkursen und einer Standard-Schwankungsbreite von +/- 15 Prozent. Durch eigene Vereinbarungen können allerdings engere Schwankungsbreiten festgelegt werden, wie dies beispielsweise für Dänemark zutrifft, das mit einer Bandbreite von nur +/- 2,25% am WKM II teilnimmt.

Obwohl die Teilnahme am WKM II eine Voraussetzung für die spätere Einführung des Euro darstellt, ist sie für nicht dem Euro-Währungsgebiet angehörende Mitgliedstaaten freiwillig. Sieben der neuen Mitgliedstaaten haben aber bereits ihre Bereitschaft zum Eintritt in den WKM II erklärt: Estland, Litauen und Slowenien traten dem WKM II am 28. Juni 2004, Malta, Lettland und Zypern am 2. Mai 2005 bei. Die Slowakei folgte am 25. November. Damit können die ersten drei dieser Staaten frühestens Mitte 2006 in die dritte Stufe der WWU eintreten. Eine einseitige Einführung des Euro oder die Ausgestaltung des Euro als Parallelwährung zur jeweiligen Landeswährung außerhalb dieses Zeitrahmens ist unzulässig.

Unter Berücksichtigung der Praxis der ersten elf EU-Staaten, die 1999 in die dritte Stufe der WWU eintraten (Griechenland kam erst 2001 dazu), müssten auch die neuen Mitglieder für eine dreijährige Übergangsfrist zwischen der Übernahme des Euro als bloße Währungseinheit im bargeldlosen Verkehr und der definitiven Ausgabe von Euro-Banknoten und -Münzen optieren. Denkbar wäre aber auch ein "Big bang"-Szenario, bei dem der Eintritt in die dritte Stufe der WWU mit der (gleichzeitigen) Ausgabe von Euro-Banknoten und -Münzen zusammenfällt. Letztere Variante ist nicht ganz unrealistisch, erwies sich doch zum einen die dreijährige Übergangsfrist in der Praxis als zu lang und haben die neuen Mitgliedsstaaten zum anderen auch bereits eine gewisse Erfahrung im Umgang mit dem Euro erworben.

Zur Person

Waldemar Hummer ist Universitätsprofessor für Völker- und Europarecht am Institut für Völkerrecht, Europarecht und Internationale Beziehungen der Universität Innsbruck.