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Im Zeichen der Ankurbelung

Von Simon Rosner

Politik
© imago/imagebroker

Vermögensbezogene Steuern Ja oder Nein? Die Konjunkturschwäche gilt es in dieser Debatte auch zu bedenken.


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Wien. Es stimmt schon. Es führen viele Wege nach Rom und bestimmt auch zu einer Steuerreform. Aber können zwei gemeinsam ein Ziel erreichen, wenn sie mit dem Rücken zueinander losziehen und sich beharrlich weigern, die Richtung zu ändern? In einem Monat wollen die Regierungsparteien des Rätsels Lösung darlegen, dann soll die Steuerreform weitgehend stehen. Vorerst aber, und wie seit Monaten, sagt die SPÖ: Es wird vermögensbezogene Steuern geben. Die ÖVP dagegen sagt: sicher nicht. Und doch sind beide Parteien vom Gelingen der Reform überzeugt.

Ein Aspekt in der insgesamt sehr ideologisch geführten Debatte hat seit Herbst an Bedeutung gewonnen, denn damals nahmen die beiden Wirtschaftsforschungsinstitute Wifo und IHS ihre Konjunkturprognosen deutlich zurück. Die Politik steht seither unter dem Druck, Wachstumsimpulse zu setzen, wobei die Steuerreform eine Art letzte Hoffnung ist, um auf nationaler Ebene die Konjunktur zu stimulieren. Sie muss allerdings gegenfinanziert werden, um nicht gegen die EU-Budgetvorgaben zu verstoßen. Daher braucht es andere Einnahmen.

Weniger Vermögensteuer

Steuern sind zwar prinzipiell wachstumsschädlich, doch nicht alle im gleichen Ausmaß. "Vermögensbezogene Steuern sind wachstumsverträglicher", sagt Margit Schratzenstaller vom Wifo und beruft sich dabei auf Expertisen internationaler Organisationen wie der OECD und des Internationalen Währungsfonds (IWF).

Die Bandbreite von vermögensbezogenen Steuern ist dabei groß, jedoch wurde sie im Laufe der Zeit kleiner. So wurde etwa die Gewerbekapitalsteuer, die Börsenumsatzsteuer und die Erbschafts- und Schenkungssteuer abgeschafft, wobei Letztere von der SPÖ in der Reformdebatte wieder propagiert wird. 1980 betrug der Anteil von vermögensbezogenen Steuern noch 1,1 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, heute sind es nur noch 0,48 Prozent.

Würde die Regierung den Empfehlungen nationaler wie internationaler Experten folgen, müsste sie sich auf die Grundsteuer stürzen, die in Österreich rund 650 Millionen Euro pro Jahr einbringt. Das sind allerdings nur rund 0,2 Prozent des BIP, was europaweit einen besonders niedrigen Wert darstellt.

Wachstum durch Grundsteuer?

Für die OECD ist eine Grundsteuer die wachstumsverträglichste aller Abgaben. Das IWF rechnet sogar mit positiven Wachstumseffekten bei einer Erhöhung der Grundsteuer, da private Investitionen, die heute für den Hausausbau verwendet werden, in produktivere Bereiche wandern würden. Dazu hat die Grundsteuer den Vorteil, so gut wie nicht hinterzogen werden zu können.

So sinnvoll eine Erhöhung der Grundsteuer in dieser Hinsicht vielleicht wäre, ist diese realpolitisch am schwierigsten umzusetzen, und das nicht nur, weil es eine Gemeindesteuer ist. Dies ließe sich mit gutem Willen noch bei den Finanzausgleichsverhandlungen lösen. Doch dann ist da noch die Gemeinde Wien, die als größter Hauseigentümer plötzlich ein massives Problem hätte. Da ist die große Wählergruppe der Häuslbauer, und der schwergewichtige Bausektor in Österreich wäre auch nicht begeistert.

Die von der SPÖ geforderte Millionärsabgabe, die eine Art Neuauflage der Vermögensteuer wäre, wird von der Volkspartei kategorisch abgelehnt. Es stellen sich dabei auch verfassungsrechtliche Fragen, da mit der Einführung der Kapitalertragssteuer (Kest) 1994 die damals abgeschaffte Vermögensteuer abgegolten wurde. Der Zuwachs von bestimmtem Vermögen würde zuerst von der Kest, dann noch einmal durch eine Vermögensteuer angeknabbert werden. Hier könnte eine verbotene Doppelbesteuerung vorliegen.

Ebenfalls in der Diskussion war eine Erhöhung der Kapitalertragssteuer, die derzeit 25 Prozent beträgt. Die Kest firmiert jedoch erstens als eine Steuer auf Einkommen, eben Kapitaleinkommen, und zweitens würden alle davon betroffen werden. Damit würde der verteilungspolitische Aspekt der Steuerreform nicht gewürdigt werden. Auch darum geht es in der Debatte, zumindest der SPÖ, die immer wieder auf die wachsende Ungleichheit verweist. Bei einer Erhöhung der Kest würden die mageren Zinsgewinne kleiner Sparer noch weiter angeknabbert werden.

Abgesehen davon bräuchten SPÖ und ÖVP die Zustimmung von Grünen oder FPÖ, da eine Erhöhung über 25 Prozent (der Hälfte des Spitzensteuersatzes) eine Zweidrittel-Mehrheit im Nationalrat benötigt. Ist also auch keine Option. Abgesehen davon würde eine Erhöhung auf 30 Prozent nur rund 500 Millionen pro Jahr einbringen. Die SPÖ hat für ihre Millionärsabgabe 1,5 Milliarden Euro gestellt. Viel bleibt als Verhandlungsmasse nicht übrig, wenn man den Gordischen Knoten bei der Grundsteuer nicht lösen kann. Ein Monat ist noch Zeit, am 17. März soll die Steuerreform stehen.