Die Politik sieht keinen Anlassfall für ein Verbot. Sie will nicht das Geschäft der FPÖ erledigen. Doch die braucht es in der Debatte am wenigsten.
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"Im Zweifel bin ich für ein Burka-Verbot im öffentlichen Raum." Das sagte EU-Kommissar Johannes Hahn im Jahr 2009. Wie sich die Zahl der Trägerinnen einer Burka oder Niqab (Sehschlitz statt Gitter) seither entwickelt hat, ist ungewiss. Damals lag die Schätzung bei 150 in ganz Österreich. Die einen sehen nie eine und beklagen die nun laufende Sommerlochdebatte, andere konstatierten eine Zunahme in gewissen Bezirken.
Für Frauenministerin Heinisch-Hosek (SPÖ) ist ein Burka-Verbot derzeit kein Thema, weil es keinen Anlassfall gibt. Meint sie Bewerberinnen für einen Lehrerjob? Ein Ausweis-Problem bei einer Verkehrskontrolle oder Wahl? Oder - um die Absurdität einer Vollverschleierung zu illustrieren - einen auf Video aufgenommenen falschen Burka-Bankräuber? Wartet Österreich auf solch einen Anlassfall, während Frankreich mit seinem Verbot klar signalisiert, dass die Burka unvereinbar mit der Verfasstheit einer westlichen Gesellschaft ist? Diese beruht auf Partizipation am gesellschaftlichen Leben. Welche Niqab-Trägerin wird künftig Lehrerin werden, wählen gehen, Auto fahren, wenn sie ihre - von patriarchischen Stammesführern entworfene - Barriere gegenüber der neuen Heimat am Leib trägt? Der Anlassfall kommt deswegen vielleicht nie, selbst wenn die Zahl der Burkas stiege. Unsere Gesellschaft beruht auf Gleichberechtigung von Mann und Frau. Die Burka ist das totale Gegenteil. "Ein Burka-Verbot in unseren Landen wäre selbstverständlich", sagt die Feministin Alice Schwarzer.
Viele erwidern, ein Verbot führe nur dazu, dass Frauen daheim bleiben müssen. Das ist die Argument gewordene Kapitulation vor der Verbannung von Frauen. Bei Mädchen gibt es eine Schulpflicht, die zu exekutieren ist. Würde eine Schülerin, das der Burka bis Ende der Schulpflicht entkommt, sich diese noch überstreifen lassen?
Frauen, die eingesperrt werden, schützt der Strafbestand der Nötigung. Ihre Männer wären mit einem Fuß im Kriminal. Würden Frauen bei einem Verbot ihr Recht auf Park-Sonne auf der Haut nicht eher vom Mann einfordern?
Klar, Eingriffe in die Privatsphäre sind heikel. Aber die Wirkung wäre präventiv. Auf Frauen Rücksicht zu nehmen, die sich freiwillig von der Gesellschaft abschotten, ist falsch verstandene Toleranz, die sich selbst das Wasser abgräbt. Nichts gegen das Kopftuch - aus Respekt vor der Religion und den Trägerinnen; aber alles gegen die Burka, die nicht unter dem Deckmantel der Religion salonfähig werden darf.
Ach ja, die Touristinnen aus Saudi-Arabien. Ein Verbot müsste nicht streng exekutiert werden, das kennt man von anderen Gesetzen. Es wäre aber für alle, die hier leben (wollen), ein Signal, das selbst in verschleiertsten, finstersten Parallelgesellschaften ein Licht für unsere Gesellschaft aufgehen ließe.