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Imam-Schule mit Sprengkraft

Von Arian Faal

Politik

Umstrittene Imam-Schule will trotz "Sauschädel-Affäre" und politischem Widerstand 2015 ihre Pforten öffnen.


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Wien. Um eine Facette reicher ist die Debatte rund um den Bau eines Islam-Zentrums in Simmering. Dank Twitter verbreitete sich die Nachricht, dass Unbekannte am Mittwoch fünf aufgespießte Sauschädel auf einer der umstrittensten Baustellen der Stadt aufgestellt hatten, wie ein Lauffeuer.

"Die Fotos sind in der Florian-Hedorfer-Straße entstanden. Wir ermitteln gegen unbekannte Täter und haben auch den Verfassungsschutz eingeschaltet", bestätigte Polizeisprecher Thomas Keiblinger die Echtheit der Bilder.

Der Sprecher der Islamischen Föderation, Yakup Gecgel, meint im Gespräch mit der "Wiener Zeitung", dass sein Verein bereits Anzeige gegen unbekannt erstattet hätte. Abgesehen von dem Vorfall gebe es im 11. Bezirk auch eine "Hetzkampagne" von bestimmten Parteien wie zum Beispiel der FPÖ, die nicht wollen, dass diese Schule eröffnet werde.

Obwohl noch unklar ist, wer den Vandalismus zu verantworten hat, stehen die Chancen auf eine strafrechtliche Verfolgung schlecht. "Das Problem ist, dass diese Tat zwar eine Herabwürdigung von religiösen Werten darstellt, aber das Islam-Zentrum noch nicht praktiziert hat. Folglich wurden die Sauschädel auf einer Baustelle deponiert", so der Sprecher weiter.

Selbst wenn sich der Täter bekennen würde, könne ihm die Polizei wenig anhaben, da nichts beschädigt wurde. Seitens der Polizei will man Maßnahmen zur Prävention setzen, damit "solche Dinge nicht mehr geschehen".

Verbindungen nach Ankara

Sprengkraft hatte das Projekt der Islamischen Föderation, eine türkische Imam-Hatip-Schule (Imam heißt Vorbeter, Hatip Prediger, Anm.) in Wien zu errichten, ohnehin schon von Beginn an. Gilt doch der Verein als österreichische Vertretung der religiös-nationalistischen türkischen Milli-Görüs-Bewegung. Recherchen der "Wiener Zeitung" ergaben, dass auch Verbindungen zur Regierung in Ankara bestehen. Genau dort soll der Bau des Zentrums bereits 2013 in einem Bericht des Kultur- und Religionsministeriums angeregt worden sein. Auf Seite 49 steht, dass im Ausland drei türkische Predigerschulen in Straßburg, New Jersey und Wien errichtet werden sollen. Dementsprechend alarmiert reagierte die österreichische Politik, als im Juni einen Tag vor dem umstrittenen Besuch des türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan die Pläne über den Bau in einer Reportage der "Salzburger Nachrichten" publik wurden.

Deutsch als Fremdsprache

Denn bei der geplanten Schule handelt es sich um ein privates Oberstufengymnasium ohne Öffentlichkeitsrecht, in dem auf Türkisch unterrichtet werden soll. Das heißt, dass man die neunte Schulstufe positiv absolviert haben muss, damit man einsteigen darf. Deutsch würde lediglich als Fremdsprache angeboten. Parallel dazu hätte man in der konventionellen Privatschule die Möglichkeit, sich als Imam ausbilden zu lassen, und Mädchen könnten fakultativ ein Kopftuch tragen. Doch da der Lehrplan, der Unterrichtsstil und die Notenvergabe auch nicht den österreichischen Normen entsprechen würden, sieht man das Projekt hierzulande als sehr problematisch an.

Der für Integration zuständige Minister Sebastian Kurz (ÖVP) lehnte den Bau bereits im Juni entschieden ab: "Der Bau dieser Schule ist der völlig falsche Weg." Motto der österreichischen Politik sei eine Imam-Ausbildung, die österreichisch, öffentlich und transparent ist. Diese Schule würde dem nicht entsprechen, so Kurz.

Strikt gegen den Schulbau sind auch die Grünen und die FPÖ. Die Grüne Integrationssprecherin Alev Korun deponierte ein "klares Nein zu importierter Imam-Ausbildung". Auch FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache forderte bereits mehrmals die Verhinderung des Projektes "unter allen Umständen". Sein Sprecher ergänzte am Donnerstag, dass der Vorfall mit den Schweineköpfen verabscheuungswürdig und wohl von irgendwelchen Fanatikern getätigt worden sei. Dies ändere jedoch nichts an der Ablehnung der FPÖ gegen die Schule, die kontraproduktiv für eine sinnvolle Integration wäre.

Ob die Regierung eine Predigerschule nach türkischem Modell überhaupt anerkennen würde, ist sowieso fraglich. Einen entsprechenden Staatsvertrag mit der Türkei lehnt Kurz ab. "Das ist für uns ausgeschlossen", hieß es aus seinem Büro. Das Bildungsministerium will im Fall eines Antrags sowohl die Eignung des Lehrpersonals als auch die Zulässigkeit des Schultyps überprüfen.

Auf die Kritik von Kurz reagiert Gecgel ungehalten: "Wir sind sehr enttäuscht von ihm. Diese Schule wird die Integration mehr denn je fördern. Schauen Sie, wir haben in Österreich ja auch eine französische und eine jüdische Schule und da funktioniert die Integration auch bestens", sagt er. Zudem will er das Bildungszentrum nicht als Imam-Schule, sondern als "Ort der Begegnung für Muslime und Nichtmuslime" verstanden wissen. "Wenn ein anderer Verein oder eine religiöse Gemeinschaft in Österreich eine Privatschule gründet, dann gibt es keinen Wirbel. Wenn aber die Muslime das machen wollen, dass wird sofort emotionalisiert. Das ist nicht richtig", so Gecgel, der mit den Kritikern noch einmal sprechen und die Schule mit rund 80 Schülern auch gegen den politischen Widerstand im Herbst 2015 eröffnen will. Seiner Meinung nach werde die Schule "transparent und zugänglich" sein und nach europäischem Kontext unterrichten. Vor seinen Imamen brauche sich niemand zu fürchten, denn eine Radikalislamisierung lehne man ab.

Österreich will, dass alle Imame künftig an der Universität Wien ausgebildet werden, und zwar auf Deutsch. Die Imam-Hatip-Schule würde diese Pläne konterkarieren.