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Produktionswachstum viel stärker als Jobwachstum. | Einführung des Euro half Österreich bei Exporten. | Wien/Paris. Wenn es um Lohnkosten geht, kann sich die heimische Industrie in den letzten beiden Jahren nicht beklagen. Während seit Anfang 2006 in fast allen industrialisierten Ländern die Lohnstückkosten steigen, gehen sie in Österreich stark zurück.
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Laut aktuellen Daten der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) sind die Lohnstückkosten allein im zweiten Quartal des heurigen Jahres im Vergleich mit dem Vorjahr um 5,5 Prozent gefallen. Das ist der stärkste Rückgang aller 30 OECD-Länder. Dabei handelt es sich keinesfalls um einen einmaligen Rückgang: Seit Anfang 2005 sinken die Lohnkosten pro produzierter Einheit kontinuierlich in jedem Quartal.
Hohe Produktivität
Alois Guger vom Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo) sieht den Grund dafür in hohen Produktivitätssteigerungen. "Die Sachgüterproduktion ist im letzten Jahr um 8,8 Prozent gestigen, während die Beschäftigung nur um 0,2 Prozent zugelegt hat." Mit anderen Worten: Die Firmen produzieren zwar viel mehr, sie verwenden dafür aber kaum zusätzliche Arbeitskräfte. "Die Unternehmen sind bei Neuanstellungen noch zögerlich."
Dazu kommt, dass auch die Lohnabschlüsse sehr moderat waren: "Die Zahlen zeigen, dass die Lohnpolitik großen Wert auf Wettbewerbsfähigkeit gelegt hat. Und man war damit auch sehr erfolgreich." Das würden die hohen Export-Quoten zeigen, so Guger.
Jetzt, wo der Euro-Wechselkurs allerdings Rekordwerte erreicht, könne man nicht mehr so stark auf Exporte als Konjunkturstütze zählen, meint der Wifo-Experte. Nun müsse man bei den Lohnabschlüssen ein Auge auf die Binnen-Nachfrage werfen, sagt Guger im Hinblick auf die laufende Herbstlohnrunde.
Interessant ist, dass zwar einige Länder sinkende Lohnstückkosten in der Industrie zustande bringen, im Dienstleistungsbereich gibt es hingegen fast ausschließlich Zuwächse - auch in Österreich. Hierzulande sind sie im internationalen Vergleich allerdings sehr moderat. Im Dienstleistungsbereich gebe es generell weniger Spielraum für Produktivitätssteigerungen, meint Guger. Die sehr starke Überbelegung, die es früher beim Personal von Banken, Versicherungen oder Postdiensten gab, sei mittlerweile abgebaut.
Laut Guger ist der Rückgang der Lohnstückkosten in Österreich ein Phänomen, dass bereits seit 1995 andauert. Seit damals hat Österreich seine Kostenposition um etwa 16 Prozent verbessert. Ein Grund dafür war übrigens die Einführung des Euro: Er verhinderte, dass Länder wie Italien oder Schweden so wie früher regelmäßig ihre Währungen abwerteten, um ihre Firmen auf dem Weltmarkt konkurrenzfähiger zu machen.